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View Full Version : Pasteorellen was tun?


Estrophy
01.07.2001, 17:31
Liebe Sportsfreunde !
Wer von Euch hat schon mal erfahrungen mit
Pasteorellen gemacht.Hatte diese Erkrankung bei meinen Witwern,waren dabei auch noch hemolytika.
Aufgrund der Behandlungsproblematik hatte ich mich schweren Herzens entschlossen drastisch
vorzugehen.
Die Jungtauben weisen dieselbe Krankheit auf ,jedoch nicht in dem Umfang und sie ist auch nicht hemolytika.Mache zur Zeit eine Kur mit Amoxicilin+Ampi über 5 Tage.Was haltet Ihr davon??

Tiberius Mohr, Tierarzt
04.07.2001, 23:05
Bakterien der Gattung Pasteurella (z.B. Pasteurella multocida) sind in der Regel Sekundärerreger, d.h., sie sind nicht fähig eine Krankheit zu verursachen. Sie treten lediglich als Komplikation im Laufe von anderen (=Primär-Erkrankungen) auf. Beim Vogelpatienten gehören Pasteurellen meistens zum komplizierenden Faktor von Bißverletzungen durch Hunde oder Katzen, bei denen Pasteurella multocida zum normalen Bewohner des Maulbereiches gehört.

Einige Pasteurellen-Arten sind normale Bewohner der Nasenhöhlen und der Schleimhäute des Atmungsapparates bei Tauben. Eine Behandlung ist in diesem Fall nicht erforderlich.

Die eindeutige Differenzierung im Labor ist schwierig, neben besonderer Ausstattung ist auch sehr viel Erfahrung auf dem Gebiet der Bakteriologie nötig. Niedergelassene Tierärzte, die keine Fachausbildung in dieser Richtung absolviert haben, verfügen nicht über die nötige Erfahrung. Laut einer 1999 erschienenen Studie sind die MEISTEN in der tierärztlichen Praxis als Pasteurella hämolytika identifizierten Erreger eigentlich ganz andere Bakterien.

Pasteurella-Arten weisen sehr oft Mehrfach-Resistenzen auf. Aus diesem Grund kann hier nur erfolgreich behandelt werden, wenn die Behandlung anhand einer Resistenzbestimmung (Antibiogramm) durchgeführt wird.
Der Versuch, Pasteurellen mit Amoxicillin+Ampicillin zu bekämpfen, ohne daß eine Resistenzbestimmung vorliegt, ist eher abenteuerliches Experiment als ernsthafter Behandlungsversuch. Darüber hinaus ist die Behandlungsdauer von nur 5 Tagen gegen Pasteurellen (meistens) nicht ausreichend. Da Pasteurellen hauptsächlich die Atemwege besiedeln, ist die Kombination eines wirksamen Antibiotikums mit Bromhexin/Bisolvon (Atemfrei I) vorteilhaft, es steigert die Antibiotikaabgabe in die Atemwege hinein und erleichtert die Ausscheidung abgestorbener Bakterien und Schleimhautzellen.

Amoxicillin und Ampicillin haben nahezu das gleiche Wirkungsspektrum und auch sonst die selben Eigenschaften, wobei Amoxicillin einige Bakterien (z.B. Escherichia coli) stärker angreift als Ampicillin. Wenn jedoch Bakterienstämme gegen eines der beiden Antibiotika resistent sind, sind sie mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch gegen das andere resistent. In der Medizin nennt man dieses Phänomen „Kreuzresistenz“. Um der Resistenzbildung entgegenzuwirken kombiniert man üblicherweise Amoxicillin (oder Ampicillin) mit Clavulansäure. Die Clavulansäure ist für Tauben völlig unschädlich und alleine verabreicht gegen die Bakterien unwirksam. Sie verbraucht aber das Enzym, das die Bakterien im Laufe der Behandlung als „Waffe“ gegen Amoxicillin oder Ampicillin entwickeln.
Eine Kombination der beiden Antibiotika (Amoxicilillin und Ampicillin) bringt gegenüber der Behandlung mit einem der beiden keinen therapeutischen Vorteil. Darüber hinaus gehört keines der beiden zu den gegen Pasteurellen üblicherweise wirksamen Antibiotika. Wenn eine Resistenzbestimmung wegen der Dringlichkeit nicht mehr bis zum Behandlungsbeginn durchgeführt werden kann, werden Pasteurellen — falls überhaupt nötig — mit Antibiotika aus der Gruppe der Chinolone (Gyrasehemmer) bekämpft. Nach Abschluß der Resistenzbestimmung wird die Behandlung dann gegebenenfalls umgestellt.

Hämolytica ist der Name der entsprechenden Pasteurellen-Unterart. Da die bei den Jungtauben nachgewiesenen Pasteurellen nicht dieser Unterart angehören, sollten Sie die Untersuchung von einem anderen Labor noch einmal durchführen lassen. Es ist ungewöhnlich, daß mehrere Arten gemeinsam auftreten – nicht daß hier aufgrund eines Laborfehlers oder fehlender Erfahrung der Jungtierbestand unnötig geschwächt und die Haupterkrankung übersehen wird.

Bis die Kontrolluntersuchung den Therapieerfolg bestätigt, ist jede Reisetätigkeit einzustellen, private Trainingsflüge sollten auch nicht durchgeführt werden.

Tiberius Mohr