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View Full Version : In Sachen Medizinforum


Tiberius Mohr, Tierarzt
19.09.2001, 08:58
In Sachen Medizinforum

Nach der Rückkehr aus dem Urlaub habe ich — wie erwartet — meine Mailbox bis zum Rand voll mit Nachrichten vorgefunden. Das ist bei uns so üblich. Nicht üblich hingegen sind Ton und Inhalt einiger eMails: einige Züchter sind im Schutz de Anonymität regelrecht unverschämt geworden.
Ich sehe mich für die Zukunft veranlaßt, hinsichtlich Beantwortungsmodus von Fragen und Umgang mit eingehenden eMail-Anfragen einige Änderungen vorzunehmen.

Die zahlreichen Nachrichten, die während meiner Abwesenheit eingegangen sind, haben meine Vermutung bestätigt: das Medizinforum bzw. meine Hilfsbereitschaft, auf eMail-Anfragen mit medizinischen Themen ausführlich zu antworten wird mittlerweile als Tierarztersatz genutzt — also mißbraucht, denn so waren meine Antworten keinesfalls gemeint.
Nach meiner Urlaubsankündigung über das Medizinforum müssen einige Züchter geradezu in Panik geraten sein. Die Jungtiersaison hat gerade begonnen und sie haben keinen Tierarzt mehr...
Nachdem ich in den letzten Jahren tausende von Anfragen beantwortet — kostenlos natürlich — und dabei die Zeit von meinem Schlaf abgezweigt habe, mußte ich mir nach der Rückkehr aus dem Urlaub Beschimpfungen gefallen lassen, nach dem Motto: „wie können Sie es wagen, die Züchter mitten in der Reise im Stich zu lassen“ oder „was bilden Sie sich ein, gerade jetzt Urlaub zu machen“... .

So war das alles nicht gedacht und ich beabsichtige auch nicht, meine Hilfsbereitschaft in diese Richtung weiter ausarten und mißbrauchen zu lassen! Meine Antworten haben einen rein informativen Charakter und sollen weder den Tierarzt ersetzen, noch irgend jemanden in meine Praxis locken (dieser Vorwurf kam in einer eMail ebenfalls vor).

Auch in Zukunft werde ich Fragen von Forumteilnehmern ausführlich und nach dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft beantworten. Das habe ich Herrn Obster versprochen und auch wir — meine Frau und ich — halten es für richtig, daß der Züchter eine Anlaufstelle hat, wo er sich verläßliche Informationen kostenlos und unverbindlich holen kann. Dies wäre zwar eigentlich die Aufgabe der Taubenklinik in Essen, aber das ist ein anderes Thema, das ich an dieser Stelle nicht weiter vertiefen möchte.
Die Vogel-Tierarztdichte ist in Deutschland nicht gerade berauschend hoch, und in vielen Gegenden haben die Züchter einfach keine andere Wahl, als sich zumindest so Rat zu holen. Wir wollen das auf jeden Fall beibehalten, einige Einschränkungen müssen wir aber machen: Private Anfragen — telefonisch, schriftlich oder über eine meiner eMail-Adresssen — werden ab sofort nicht mehr beantwortet. Davon ausgenommen sind natürlich die Patienten unserer Praxis, deren Fragen selbstverständlich auch in Zukunft immer und schnellstmöglich beantwortet werden, denn das steht unseren Patienten natürlich zu.

Hinsichtlich der Antworten und Beiträge über das Forum bitte ich Folgendes zu beachten:

Alle Antworten und Anregungen — die nicht auf Untersuchungen basieren, die in unserer Praxis durchgeführt wurden — sind unverbindlich. Genaue Ferndiagnosen sind nicht möglich.
Jede Behandlungsempfehlung darf nur nach Rücksprache mit dem bestandsbetreuenden Tierarzt bzw. mit dem Tierarzt vor Ort, der die Tauben untersucht hat, in die Tat umgesetzt werden. Meine Ausführungen haben lediglich einen richtungsweisenden Charakter und erheben nur insofern einen Anspruch auf Vollständigkeit, als das abgehandelte Thema fachlich korrekt ist — dafür verbürge ich mich. Ob allerdings der angesprochene Sachverhalt auch auf den Bestand des Forumteilnehmers übertragbar ist, kann nur durch eine Untersuchung abgeklärt werden. Abgesehen davon gibt es auch in der Medizin nicht nur Tatsachen, sondern auch Hypothesen und Theorien, die nur so lange in dieser Form ihre Gültigkeit haben, bis sie durch neuere Erkenntnisse ergänzt werden. Dazu kommt noch, daß Krankheitserreger im Laufe der Zeit ihre Eigenschaften ändern, was eine Anpassung der Bekämpfungsstrategien nach sich ziehen muß. Vorgehensweisen, die vor 10 Jahren angebracht gewesen sind, können heute oft nur noch wenig bewirken. Beispielsweise verlieren alle gegen Bakterien wirksamen Arzneimittel mit der Zeit (durch Resistenzzunahme) allmählich ihre Wirksamkeit.
Da die Medizin im stetigen Wandel ist, kann es vorkommen, daß die Antwort auf die selbe Frage noch vor einigen Wochen ganz anders ausgefallen wäre bzw. daß ich die selbe Frage in einigen Wochen ganz anders beantworten würde. Das führt natürlich dazu, daß einige Kollegen — die sich nicht gerade auf dem letzten Stand der Vogelmedizin befinden (was wohl für die meisten niedergelassenen Tierärzte zutrifft) — zu dem selben Sachverhalt eine ganz andere Meinung haben und diese auch kompetent vertreten können (aus ihrer Sicht zumindest und nach dem jeweiligen Wissensstand, auf dem sich diese Kollegen befinden). Die Frage lautet aber in solchen Fällen nicht „wer hat Recht?“, sondern „wer ist besser informiert und befindet sich auf dem neuesten Informationsstand?“ — denn „Recht“ haben beide... aus ihrer jeweiligen Sicht, der eine hat aber eben mit der Entwicklung auf dem betreffenden Sektor nicht Schritt gehalten...

Ferner gilt:
Bei jedem akuten Krankheitsfall ist der Tierarzt, in lebensbedrohlichen Situationen (Vergiftungsverdacht, Paramyxo etc.) der tierärztliche Notdienst und bei Verdacht einer Seuche das zuständige Veterinäramt aufzusuchen bzw. ein Tierarzt oder Veterinärbeamte kommen zu lassen. Die Telefonnummern der Bereitschaftsdienste stehen vermutlich in jeder Wochenendausgabe der lokalen Tageszeitungen und Gemeindeblättern. In einigen Tierarztpraxen werden Urlaubsvertretungen und Notdienste über den Anrufbeantworter bekanntgegeben.

Darüber hinaus:
Meine Antworten ersetzen keinen Tierarzt und dürfen nicht zur Diagnosestellung oder Einleitung bzw. Abbruch oder Unterlassen einer Behandlung oder irgend einer tierärztlich empfohlenen Maßnahme verwendet werden — es sei denn, ich habe in einem konkreten Fall AUSDRÜCKLICH dazu geraten. Die wenigsten Situationen sind jedoch so eindeutig, daß eine Empfehlung ohne vorherige Untersuchung eine Chance hat, 100%ig richtig und zutreffend zu sein.

Für etwaige materielle oder immaterielle Schäden, die dem Züchter direkt oder indirekt aus der Befolgung meiner Ratschläge ohne oder gegen tierärztliche Anweisung des bestandsbetreuenden Tierarztes bzw. aufgrund einer verzögerten oder eventuell nicht beantworteten Nachfrage entstehen, sind weder ich persönlich, noch die Tierarztpraxis T. Mohr (mittelbar oder unmittelbar) haftbar zumachen.

Die Beantwortung von Fragen geschieht auf freiwilliger Basis! Ausgenommen Patienten unserer Praxis hat niemand einen Anspruch auf die Beantwortung seiner Frage.
Trotzdem habe ich bisher alle Fragen beantwortet, ganz egal ob sie mir über das Forum oder privat gestellt wurden. Hinsichtlich des Forums soll sich (nach Möglichkeit) auch in Zukunft nichts ändern. Sollte es mir aber mal nicht oder aus irgendwelchen Gründen nicht rechtzeitig möglich sein, eine Anfrage zu bearbeiten, möchte ich deswegen keine Vorwürfe und Unverschämtheiten einstecken müssen. Schließlich opfere ich meine Nachtruhe und meine Freizeit, um völlig unentgeltlich die Fragen aus dem Forum zu beantworten. So viel Rücksicht und Verständnis erlaube ich mir bei den Forumteilnehmern vorauszusetzen.

Tiberius Mohr