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View Full Version : Blutgeschwuere


Andreas
30.10.2001, 09:47
Sehr geehrter Herr Mohr,

vor etwa vier Wochen hatte einer meiner jungen Voegel ein Blutgeschwuer an der Unterseite seines Fluegels. Als ich dies bemerkte, war es schon ganz ausgetrocknet. Nach einigen Tagen fiel es dann von alleine ab und die Wunde heilte rasch. Auch die umliegenden Federn (die erste und zweite Schwinge der 2. Ordnung) wurden wider Erwarten sehr gut gemausert.

Heute bemerkte ich nun bei meinen jungen Weibchen (anderer Schlag), dass darunter eine Taeubin sitzt, die auf dem Ruecken (Schulterbereich) ebenfalls ein Blutgeschwuer bekommt (jetzt etwa erbsengross).

Meine Fragen lauten nun:
1. Wie kann es eigentlich zu Geschwueren kommen?
2. Sollte man sie Behandeln, oder einfach austrocknen lassen?
3. Wie ernst ist das Auftreten solcher Geschwuere zu nehmen?

MfG
Andreas Hainsch

Amateur
01.11.2001, 08:45
Hallo Andreas Hainsch!

Da ich weiß, daß Herr Mohr wenig Zeit hat, meine Tauben sind selbst Patienten bei ihm, möchte ich auf einen bereits archivierten Beitrag zu deinem Thema hinweisen. Vielleicht kann sich Herr Mohr dann die Arbeit sparen. Gib bitte bescheid ob der Beitrag dein Problem anspricht. Wenn nicht, kannst du dich immer noch an Herrn Mohr wenden.
Geh einfach auf "suchen", gib als Suchbegriff "Blutgeschwüre" ein
und suche unter "archivierte Beiträge".
Du findest dann einen Beitrag vom 14.10.2000 zum Thema "Blutgeschwülste".

MfG

Amateur

Andreas
01.11.2001, 13:45
Hallo Amateur,

danke für den Hinweis.

Gruss
Andreas

Tiberius Mohr, Tierarzt
02.11.2001, 01:03
>Sehr geehrter Herr Mohr,
>
>vor etwa vier Wochen hatte einer
>meiner jungen Voegel ein Blutgeschwuer
>an der Unterseite seines Fluegels.
>Als ich dies bemerkte, war
>es schon ganz ausgetrocknet. Nach
>einigen Tagen fiel es dann
>von alleine ab und die
>Wunde heilte rasch. Auch die
>umliegenden Federn (die erste und
>zweite Schwinge der 2. Ordnung)
>wurden wider Erwarten sehr gut
>gemausert.
>
>Heute bemerkte ich nun bei meinen
>jungen Weibchen (anderer Schlag), dass
>darunter eine Taeubin sitzt, die
>auf dem Ruecken (Schulterbereich) ebenfalls
>ein Blutgeschwuer bekommt (jetzt etwa
>erbsengross).
>
>Meine Fragen lauten nun:
>1. Wie kann es eigentlich zu
>Geschwueren kommen?
>2. Sollte man sie Behandeln, oder
>einfach austrocknen lassen?
>3. Wie ernst ist das Auftreten
>solcher Geschwuere zu nehmen?
>
>MfG
>Andreas Hainsch


Hallo Herr Hainsch,

das Thema wurde bereits vor einigen Monaten abgehandelt, allerdings weiß ich nicht, ob die Beiträge im Archiv noch einsehbar sind. Aus diesem Grund bzw. um Ihnen die Suche zu ersparen gebe ich untenstehend alle Beiträge wieder, die in diesem Zusammenhang veröffentlicht wurden.

Sollten Sie darüber hinaus weitere Fragen haben, stellen Sie bitte Ihre Frage wieder ins Forum, ich werde mich darum kümmern.



Frage: Blutgeschwülste
Hallo Herr Doktor !
Habe unter meinen Jungtauben einige Tiere mit Blutgeschwülsten. Ist das Ansteckend, wie kann man es heilen und von was kommt so etwas?
Wäre ihnen dankbar wenn Sie mir weiterhelfen könnten. Wäre Ihnen dankbar wenn sie mir eine Mail schreiben könnten.
Besten Dank im voraus
W. M.

Antwort
Sehr geehrter Herr M.,

Blutgeschwülste oder Blutgeschwüre sind eine spezielle Erscheinungsform der Taubenpocken. Sie sind rund, etwa kirschgroß, blutgefüllt (daher die dunkle Farbe) und enthalten Reste fehlentwickelter Federn. Oft treten sie symmetrisch auf beiden Körperseiten auf, bevorzugt im Bereich der Flügeldecken, an der Brust oder an der Halsseite.

Eine andere Ursache für Geschwülste im Bereich der Haut sind Federfollikelzysten (Pterylofolliculosis cystica). Sie entstehen wenn die heranwachsende Feder die Haut nicht durchbrechen kann und sich innerhalb einer „Hautblase“ einrollt. Das Gebilde wächst mit der Zunahme der Federgröße, bis das Wachstum der Feder abgeschlossen ist. Federfollikelzysten verursachen als „Fremdkörper“ eine akute (oft sehr heftig verlaufende) eitrige Entzündung mit Geschwürbildung. In diesem Fall ist die Feder von harten Eiterkrusten umschlossen, die umliegenden Federn können im späteren Verlauf ebenfalls verklebt sein.

Anhand der von Ihnen geschilderten Symptome kann mit ziemlicher Sicherheit davon ausgegangen werden, daß es sich dabei um Taubenpocken handelt. Dafür spricht auch das Auftreten bei mehreren Tauben des Bestandes, Federfollikelzysten treten als „Zufallsereignis“ nicht bei mehreren Tauben gleichzeitig auf.

Da es sich (mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit) um Taubenpocken handelt, sind diese Blutgeschwülste (bzw. die Viren, die sie verursachen) ansteckend.
Der gesamte Bestand sollte umgehend geimpft werden, die Impfung ist jährlich zu wiederholen, zumindest in den nächsten 3-4 Jahren. Jungtauben sollten bereits beim Absetzen geimpft werden.
Die Entfernung der Blutgeschwülste sollten Sie — wegen der hohen Blutungsneigung — dem Tierarzt überlassen.
Unterstützend kann ein konzentriertes Vitamin-A-Präparat verabreicht werden, wodurch die Haut an Widerstandskraft gegenüber Pockenviren gewinnt.

Mit freundlichen Grüßen

Tiberius Mohr




Frage
Sehr geehrter Herr Mohr,
ist es wissenschaftlich belegt, dass die Blutgeschwüre durch Pocken verursacht werden?
Wenn ja, wie können Jungtauben die sogenannten Blutgeschwüre im Herbst bekommen, obwohl die Tiere gegen Pocken geimpft wurden?
Mit freundlichen Grüßen
„Drei Weiße Tauben“

Antwort
Ja, es ist wissenschaftlich erwiesen.
Sind Sie sicher, daß es sich dabei um Blutgeschwüre und nicht Neoplasien (z.B. Melanome) handelt?

Tiberius Mohr

Frage
Sehr geehrter Herr Mohr,
ich bin mir sehr sicher, denn die "Blutgeschwüre" sehen genau nach Ihrer Beschreibung aus! und nicht wie z.B. Melanome.
Mit freundlichen Grüßen
„Drei Weiße Tauben“

Antwort
Das Auftreten im Herbst ist für Taubenpocken sehr typisch – Taubenpocken treten so gut wie ausschließlich im Sommer und Herbst auf. Lediglich die sog. Schleimhautform (rötliche Herde im Rachen, die im späteren Verlauf ins gelbliche übergehen und Trichomonadenbelägen sehr ähneln) kommt auch im Frühjahr, in der Zeit der ersten gemeinsamen Trainingsflüge vor.

Für das Auftreten trotz Impfung kommen zwei Ursachengruppen in Frage:

1) unzureichender Impfschutz. Dieser kann bedingt sein durch:
- Bluten der Federkiele (falls diese Impfmethode angewendet wurde), das Pockenvirus wird so aus der Eintrittspforte wieder herausgespült bzw. es dringen nicht die für eine Immunisierung erforderlichen Virusmengen von 10hoch3 in das Gewebe ein.
- Impfung bereits mit Pockenviren infizierter Tauben. Äußerlich sichtbare Anzeichen können erst Wochen nach dem ersten Kontakt mit dem Virus auftreten bzw. werden übersehen, falls zunächst nur die Schleimhautform auftritt (es ist nicht anzunehmen, daß alle Jungtauben vor der Impfung einer eingehenden Schleimhautkontrolle unterzogen wurden). Sog. Notimpfungen — also wenn sich Pockenviren bereits im Bestand befinden — dürfen ausschließlich perkutan (NICHT durch Injektion) durchgeführt werden (alles andere ist nach heutiger Einschätzung als Kunstfehler zu werten).
- Impfung von Tauben mit geschwächtem Immunsystem
Impfung von Tauben mit noch nicht voll ausgereiftem Immunsystem. Jungtauben, die nicht MINDESTENS 5 Monate alt sind, bilden nach der Impfung nur bei nahezu 100%iger Antigengleichheit zwischen Impfstamm und Feldstamm einen ausreichenden Impfschutz gegen Pocken aus. Probleme treten bei Tauben immer dann auf, wenn JUNGTAUBEN nicht mit einem homologen Virusstamm geimpft werden.
- Impfung von Tauben, die zum Zeitpunkt der Impfung mit anderen Krankheitserregern (Kokzidien, Trichomonaden, Würmer etc.) infiziert sind.
- Impfung während oder unmittelbar nach eine Antibiotikakur oder einer Kortisonverabreichung.
- Unzureichende Impfdosis
- Impfstoff enthält nicht (Herstellungsfehler) bzw. nicht mehr (falsche Lagerung) die ausreichende Antigenkonzentration
- Impfung mehrerer Tauben mit einer einzigen Kanüle. Pockenviren haben die Fähigkeit, schnell zu rekombinieren. Aus diesem Grund gibt es bei der Pocken-Impfung mehrerer Tauben mit derselben Kanüle oft erhebliche Probleme (fehlender Impfschutz, Pockenerkrankungen etc.), nicht nur dann — wie bei anderen viralen Erkrankungen — wenn mehrere Virusstämme gleichzeitig im Bestand vorkommen.


2) unzureichende Antigenverwandschaft zwischen Impf- und Feldvirus:
Viele Pockenviren, die bei den Tauben vorkommen, sind bis heute noch nicht klassifiziert. Dementsprechend ist ihre Antigenstruktur noch unbekannt. Von den bereits klassifizierten Viren weiß man jedoch, daß zwischen den einzelnen Virusstämmen oft keine Antigenverwandschaft besteht (das ist auch der Grund, weswegen nicht jeder Impfstamm eine Immunität gegen jeden Feldstamm hervorruft). Ein Virusstamm (Feldstamm) mit einer Antigenstruktur, die von der des Impfvirus abweicht, wird vom Immunsystem der geimpften Taube nicht als Pockenvirus „erkannt“. Folglich bietet die Impfung keinen Infektionsschutz.

Mit freundlichen Grüßen

Tiberius Mohr

Tiberius Mohr, Tierarzt
02.11.2001, 11:49
Danke AMATEUR für die Unterstützung...

T. M.