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TM
02.08.2002, 21:45
Sehr geehrte Forumteilnehmer und Gäste des Medizinforums,

Wir sind bis zum 2 September im Urlaub. Nach unserer Rückkehr werde ich mich aber schnellst möglich an die Beantwortung zwischenzeitlich eingegangener Fragen machen.

Während meiner Abwesenheit können Fragen abgeschickt werden, sie werden jedoch erst nach meiner Rückkehr aus dem Urlaub im Forum erscheinen (jeder Beitrag muß von mir einzeln freigegeben werden, am Urlaubsort werde ich voraussichtlich keinen Internetzugang haben, ich kann Ihre Fragen also erst nach meiner Rückkehr freigeben).

Ich bedanke mich bei allen Teilnehmern für die zurückliegende, gute und zum Teil sehr „fruchtbare“ Zusammenarbeit.

Tiberius Mohr



Nachfolgend befinden sich die Antworten auf etliche Fragen, ich hoffe dabei keine Frage ausgelassen zu haben.
Da wir in ca. 30 Minuten abfahren müssen, habe ich keine Zeit mehr, meine Antworten unter die jeweiligen Fragen einzuordnen. Ich mußte mich entscheiden, die letzten Beiträge entweder erst nach der Rückkehr aus dem Urlaub ins Forum zu stellen, oder alle zusammen. Ich hoffe, daß meine Wahl auch im Interesse der Forumteilnehmer ist.
Damit der Leser nicht total durcheinander gerät, habe ich die Fragen auch mit hineinkopiert...



Frage 1:

Hallo!
Habe ständig Kokzidien im Schlag, obwohl ich sehr auf Hygiene achte. Gibt es etwas was ich tun kann, damit sie nicht immer wieder auftreten? Was können die Ursachen sein? Wie gefährlich ist diese Infektion für meine Kanarien?
Bitte helfen Sie mir!
Mit freundlichen Grüßen Melanie Lemke


Antwort auf Frage 1:

Damit das was ich schreibe zumindest einigermaßen verbindlich sein kann, brauche ich von Ihnen noch einige Angaben.

>>> Habe ständig Kokzidien im Schlag, obwohl ich sehr auf Hygiene achte.
1) woher wissen Sie das?
2) nur damit ich es richtig verstehe: Geht es hier um einen TaubenSCHLAG und eine Kanarienvoliere oder meinen Sie mit Schlag eine Kanarienvoliere

>>> Gibt es etwas was ich tun kann, damit sie nicht immer wieder auftreten?
Das mit Sicherheit. Die Kokzidiose ist heutzutage nun wirklich keine medizinische Herausforderung mehr. Um jedoch einen Sanierungskonzept aufstellen zu können, muß ich noch einige Daten von Ihnen haben.

>>> Wie gefährlich ist diese Infektion für meine Kanarien?
Wie Sie sicherlich wissen, verursachen bei Kanarien bestimmte Kokzidienarten (vor allem Isospora spp.) erhebliche Probleme, u.a. die (mit Recht) gefürchtete Rotleibigkeit. Andere Kokzidienarten (z.B. einige Eimeria spp. ) sind für Kanarien nicht so gefährlich, je nachdem, wie die Vögel gehalten werden (Bodenbeschaffenheit, Einstreu etc.).
Sind bei Ihren Kanarien irgendwelche Kokzidien nachgewiesen worden, und wenn ja, sind diese typisiert worden oder ist man bei der pauschalen Angabe „Kokzidien“ geblieben? Wobei man dann mit diesem Befund gerade bei Kanarien nicht allzu viel anfangen kann...
Zeigen die Kanarien irgendwelche Symptome?
Haben Sie die Kanarien angeblasen? Was haben Sie dabei festgestellt?

(Erklärung für Taubenzüchter: mit Anblasen ist u.a. die Überprüfung auf Rotleibigkeit und des Fettansatzes gemeint. Dabei werden die Deckfeder im Bauchbereich von hinten nach vorne und zur Seite weggepustet, so daß der Bauch- und Brustmuskelbereich frei einsehbar wird. Da die Kanarien eine sehr dünne, fast durchsichtige Bauchdecke haben, kann so ziemlich genau der Gesundheitszustand des Darmes und der Fettansatz überprüft werden.

Wenn Ihre Antworten auf meine Fragen in den nächsten 4 Wochen eintreffen, werde ich mich sofort nach der Rückkehr aus dem Urlaub um Ihre Angelegenheit kümmern.

TM

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Frage 2:

Impfstoffung"
Hallo Herr Mohr,
gibt es einen Kombiimpfstoff zum Schutz vor Paramyxovirus und Paratyphus bzw. kann man die Impfstoffe den Tauben in einer Impfung verabreichen?
Gruß
Taube


Antwort auf Frage 2:


<<< gibt es einen Kombiimpfstoff zum Schutz vor Paramyxovirus und Paratyphus
meines Wissens nein

<<<kann man die Impfstoffe den Tauben in einer Impfung verabreichen
man kann, es führt aber zu diversen Problemen – man sollte es nicht tun (wozu auch?)


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Frage 3:

Hallo,

danke für die Antwort. Den von Ihnen erwähnten Beitrag habe ich bereits gelesen. Demnach wundert es mich schon sehr, dass die Verbandsklinik solche anscheinend fragwürdigen Medikamente vertreibt.

Mit freundlichen Grüßen
Shadow


Antwort auf Frage 3:


So sollte man es nicht sehen. Die Verbandsklinik vertreibt nicht andere Präparate als die niedergelassenen Tierärzte auch. Das Problem ist, das wir mit Secnidazol haben, ist streng genommen gar keines. Kein Arzneimittel hat immer, gegenüber jeden Erregers und unter jeder erdenklichen Bedingung die gleichen Eigenschaften, sprich Wirksamkeit und Nebenwirkungspotential. Auch ist die Wirksamkeit gegenüber eines bestimmten Erreger keine statische Angelegenheit, die Wirkeigenschaften unterliegen einem stetigen Wandel. Mit dem Secnidazol ist es auch nicht anders. Was zählt ist immer nur die fachliche Kompentenz des Tierarztes und seinWeiterbildungsstand. Ein Tierarzt, der (bezogen auf Taubenmedizin) auf dem neusten Stand ist, wird sicherlich im Jahr 2002 nicht mehr behaupten, Secnidazoll sei voll – also 100%ig – wirksam. Ein Tierarzt, der anständig mit den Besitzern seiner Patienten umgeht, wird eine solch kategorische Aussage ohnehin meiden, die allein schon aus pharmakologische Sicht „problematisch“ ist...

TM

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Frage 4:


Hallo Sportsfreunde,
habe mich auf der Verbandsausstellung mit Dr. Radei länger über dieses Thema unterhalten.
Laut seiner Aussage ist dieses Medikament voll wirksam.
Orig. Ton von ihm: Die anderen Tierärzte wollen natürlich auch ihre Produkte verkaufen. So jedenfalls hat er sich mir gegenüber geäußert.
Was soll man denn nun glauben?
Na ja, jedenfalls schreiben mehrere Tierärzte, daß dieses Medikament nicht mehr voll wirksam ist und alle können sie ja nicht Lügen - aus Profitgier. Denn wenn es wirklich noch helfen würde, könnten sie ja auch dieses Produkt mit Gewinn verkaufen.
Aber was nun wirklich stimmt wissen nur die, die ein Mikroskop haben und auch damit umgehen können.
mfg
Pfälzer


Antwort auf Frage 4:


(Ich setzte voraus, daß Ihre Ausführungen stimmen)

Die Aussage von Dr. Raddei ist unkollegial, bösartig und wird sicherlich auch die zuständige Tierärztekammer interessieren... Alter befreit auch nicht davor, sich standesgerecht und redlich zu verhalten und über Kollegen zu äußern.

Man könnte Dr. Raddei erwidern: wenn eine bestimmte Klinik (ganz egal um welche Klinik es sich dabei handelt) eine Abnahmeverpflichtung über mehrere Hundert kg Secnidazol unterschrieben hat, wird sie sehr darum bemüht sein, Secnidazol als das wirksamste Mittel überhaupt darzustellen. Das hat dann aber nichts mehr mit Medizin zu tun!
(Ich betone, daß ich damit nicht die Taubenklinik meine, es ist einfach ein Beispiel...)

Haben denn manche Kollegen wirklich vergessen, daß unsere Aussagen korrekt und verbindlich zu sein haben? Man zankt sich wegen Kleinigkeiten — „etsch ich habe das bessere Medikament, Du willst mit Deinem bloß Geld machen“.
Das ist kindisch! Wie Sie treffend bemerkt haben, kann man mit jeden Mittel „Geld machen“. Dem Kaufmann ist schließlich egal, was er verkauft und ein Mittel im Trend (= Secnidazol) verkauft sich sicherlich besser, als ein anderes, das nicht so bekannt ist. Der Tierarzt ist aber nur gezwungenermaßen Kaufmann, in erster Linie ist er Arzt und muß sein Handeln mit seinem Gewissen und der Berufsordnung im Einklang bringen.

Natürlich gibt es Tierärzte, zumeist ältere, die an ihren Mitteln „hängen“. Sicherlich ist jedem Bekannt, daß „das beste Metro aller Zeiten“ aus einer Stadt am Rein kommt und das man damit „von Kopfschmerzen bis Fußpilz“ alles erfolgreich und in kürzester Zeit behandeln kann. Aber das sind Einzelfälle und man kann auch als Nichtfachmann unschwer erkennen, daß hier geistige Unflexibilität eine größere Rolle gespielt hat, als medizinische Sachverhalte.

An die Eigenschaften eines Arzneimittels braucht man aber nicht zu glauben, man kann guten Gewissens wissenschaftliche Tatsachen gelten lassen. Arzneimittel werden laufend überprüft, es gibt wissenschaftliche Veröffentlichungen staatlicher Untersuchungsstellen und wirtschaftlich davon völlig unabhängiger Instituten. Die aktuelle Resistenzlage wird jedes Jahr im Bundes-Tierärzteblatt veröffentlicht — für jeden Nachzulesen. Man soll bzw. braucht gar nichts zu „glauben“, es wird nichts in irgendeinem Kloster unter Verschluß gehalten!

Das was ich in dem angesprochenem Beitrag über Secnidazol geschrieben habe, ist der aktuelle Stand der Dinge. Wenn jemand etwas anderes behauptet, sollte er seine Aussagen belegen, oder er muß sich den Vorwurf gefallen lassen, die Resistenzlage aus anderen, nicht medizinischen Beweggründen geschönigt zu haben.

TM

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Frage 5:


Vielen Dank Herr Moor für die ausführliche Antwort.

Ich möchte versuchen mit einen Mikroskop Trichomonaden nachzuweisen.
Bislang habe ich einen langen Wattestab in den Taubenkropf eingetaucht und den Rand des Kropfes abgeschabt und ihn anschliesend auf einen Projektträger abgetupft.
Dabei konnte ich nie Trichomonaden erkennen.
Dann habe ich mir einen kleinen Draht (so wie es mein Tierarzt macht, es handelt sich dabei um Dr. Marien, der im Taubensport ja bekannt ist) gebogen und diesen in den Taubenkropf eingetaucht und den Rand des Taubenkropfes abgeschabt.
Anschliesend habe ich den Draht in einer Salzlösung auf einen Projektträger ausgewaschen.
Nun haben Sie geschrieben das eine Salzlösung nicht geeignet ist.
Also nehme ich das nächste mal Wasser.
Sollte das klappen melde ich mich wieder.
Wenn nicht, auch.
Wenige Trichomonaden müsste ich ja sehen können.
Anhand der Bilder die Sie im Internet haben kann ich vergleichen.
Die Angabe welche Vergrößerung ich am Mikroskop einstellen muß fehlt noch.

Vielen Dank
Reiners


Antwort auf Frage 5:


Es würde mich – und andere Forumteilnehmer sicherlich auch – interessieren, ob und wie (nach welcher Methode) Sie es geschafft haben, Trichomonaden nachzuweisen.

Die Salzlösung ist nicht an sich ungeeignet, man sollte jedoch die Salzkonzentration auf 0,09% einstellen und nicht die viel konzentrierteren Lösungen für die Parasitologie verwenden.

Sowohl eine zu kleine als auch eine zu große Auflösung birgt die Gefahr, daß vor allem der nicht so routinierte Untersucher Trichomonaden einfach übersieht. Eine Standard-Auflösung für Trichomonaden gibt es allerdings nicht, nur Erfahrungswerte. Zu Beginn der Untersuchung eines Abstrichs sollte man die Auflösung 100 – 240 am Mikroskop einstellen (10/20er Objektiv und 10er/12er Okulare). Diese geringe Auflösung erleichtert die Orientierung im Präparat. Nachdem man so die „Gegend“ bestimmt hat, die man sich näher anschauen möchte, sollte man die Auflösung auf 400-480 hochfahren (40er Objektiv und 10er/12er Okulare).
Sollten die Trichomonaden nicht auf Anhieb entdeckt werden, muß die gesamte Fläche des Objektträgern, auf dem die Probe ausgestrichen wurde, meanderförmig „durchkämmt“ werden.


Hier einige Merkmale, die ein Mikroskop für die Heimuntersuchung haben sollte:

Okular:
binokular, 10x
binokular, Austauschsatz 12x — nur wenn kein 10x Objektiv vorhanden
Okularkappenaufsätze für Brillenträger
Elektrische Lichtquelle
Bidirektional beweglicher Tisch (Kreuztisch)
Objektive mit asphärischen Linsen:
4x (Lupe)
10x (Pasenkontrast) — nur wenn kein Okular-Austauschsatz 12x vorhanden
20x (Pasenkontrast)
40x (Pasenkontrast)


Das 100x (Öl) Objektiv ist für Heimuntersuchungen nicht geeignet, wird aber gerne mitverkauft, weil die Züchter das nicht wissen und weil das 100er Objektiv sehr teuer ist. Mir ist bisher noch kein einziger Züchter mit Mikroskop begegnet, dem man nicht auch das 100er Objektiv angedreht hat (und auch keiner, der es benutzt!). Verkäufer argumentieren dabei immer mit der starken Auflösung – es hört sich für den Züchter auch sehr gut an – und verschweigen geschickt, daß der Züchter mangels erf. Kenntnisse damit überhaupt nichts erkennen kann. Er sieht zwar „etwas“ und weiß, daß dieses Etwas genau 1.200x kleiner ist... mehr ist nicht drin.

TM

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Frage 6:

Hallo Herr Mohr,
ich habe von anderen Züchtern gehört, dass ein Behandlung mit Baytril eine ziemlich kostspielige Angelegenheit ist.
Was Kostet eine Kur für 100 Tauben?
(Vorrausgesetzt die Tauben werden von Ihnen behandelt.)

Gruß
Bernhard


Antwort auf Frage 6:

Bei einer durchschnittlichen Dosierung von 2 ml / l TW würden 100 Tauben 10 ml Baytril 10% orale Lösung benötigen, für 5 Tage Behandlung folglich 50 ml.

50 ml Baytril kosten ca. 15-20 EUR, je nach Packungsgröße ( 50 ml, 100 ml, 250 ml, 4x 250 ml und 1.000 ml).

TM


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Frage 7:

Ich habe Tylosin gegen Mycoplasmos von Veterinär bekommen.
Ist es sinnvoll Tylosin zusammen mit Bromhexinhydroclorid in das trinkwasser für meine jungtauben zu "mixen".
Ich habe Bromhexin 1% bekommen.
Bengt


Antwort auf Frage 7:

Tylosin kann ohne Bedenken zusammen mit Bromhexin (Bisolvon/Atemfrei I) in der selben Tränke verabreicht werden. Bisolvon bewirkt, daß Tylosin in größeren Mengen in die Atemwege transportiert, also dorthin, wo es (gegen Mykoplasmen) wirken soll. Ohne Bromhexin-Zusatz könnte u.U. die Tylosinkonzentration an den Schleimhäuten der Atemwegen zu niedrig sein, um die Mykoplasmen erfolgreich zu bekämpfen.

Vorsicht: diese Aussage bezieht sich nur auf Tylosin 100% (also auf die Reinsubstanz ohne Beimengungen irgendwelcher Art), sowie auf Tylosinpräparaten, die keine Stoffe enthalten, die sich mit Bromhexin nicht vertragen. Im Handel gibt es eine ganze Teihe von Tylosinhaltigen Arzneimitteln, die wenigsten enthalten nur reines Tylosin. Auf jeden Fall mit dem behandelnden Tierarzt Rücksprache halten und die Sache abklären.
Das gleiche gilt auch umgekehrt: Das 1%ige Bromhexinpräparat enthält 10 mg Bromhexin pro g Präparat, der Rest ist „irgend etwas“. Abgesehen von der bescheiden Konzentration, kann es sich bei den Füllstoffen durchaus um Stoffe handeln, die sich mit Tylosin nicht vertragen...

TM

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