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View Full Version : Umweltresistenz


Tiberius Mohr, Tierarzt
04.02.2001, 21:14
Diese Frage habe ich vor einigen Tagen per eMail bekommen.

Hallo Herr Dr. Mohr,

Hallo, ich habe zwei Fragen, die mir schon seit längerer Zeit auf der Seele liegen:
1.) Ist es richtig, daß trockener Frost sämtliche Krankheitserreger, vorausgesetzt, man leert z.B. die Tränken und stellt sie nach draußen, vernichtet?
2.) Wie entstehen Trichomonaden? Wenn der Bestand und die Gerätschaften (Tränken etc.) trichomonadenfrei sind und die Zuchttauben z.B. haben keinen Freiflug, können die sich dann trotzdem irgendwie mit Trichomonaden infizieren, über Tränken z.B. die nicht gründlich genug gereinigt werden?

Danke und Gruß

B. D.




Hallo Herr B. D.,

die Empfindlichkeit von Krankheitserregern gegenüber Umwelteinflüssen ist außerordentlich unterschiedlich, Pauschalangaben sind nicht möglich. Einige Krankheitserreger werden durch Hitze abgetötet, andere durch Trockenheit. Es gibt sogar Krankheitserreger, deren Sporen den Sterilisationsprozeß in einem Autoklaven überleben. Hier herrschen Temperaturen von 134° C und ein Dampfdruck von 2 bar. Durch Frost hingegen werden die meisten Krankheitserreger konserviert und am Leben erhalten — wobei es auch hier Ausnahmen gibt.
Aus dem Zusammenhang entnehme ich, daß Sie Ihre Frage vornehmlich auf Trichomonaden beziehen; Trichomonaden überleben weder Trockenheit noch Frost.

Trichomonaden entstehen nicht, sie werden entweder von Taube zu Taube (Schnäbeln, Füttern der Nestlinge) oder über infiziertes Trinkwasser übertragen. Eine hohe Temperatur des Wassers in der Tränke begünstigt die Ausbreitung, da die Trichomonaden darin für einen längeren Zeitraum beweglich bleiben — daher die rasche Ausbreitung im Kabinenexpreß. Im kalten Wasser verlieren sie schnell ihre Beweglichkeit und fallen auf den Tränkenboden, was die geringe Ausbreitungstendenz im Winter erklärt. Im Winter kommt es regelmäßig vor, daß in einem Schlagabteil einige Tauben hochgradig infiziert sind, andere hingegen trichomonadenfrei. Im Sommer — oder auch im Winter bei der Verwendung von Tränkenwärmern — bleiben die Schlaggenossen höchstens für einige Tage frei, nachdem eine Taube des Schlages die Trichomonaden eingeschleppt hat.

In einem geschlossenen Bestand, in dem also keine neuen Tauben eingeführt werden (und der keinen Zugang zu infiziertem Wasser hat: Wasserrinne, Tümpel etc.) treten Trichomonaden nach einer erfolgreichen Sanierung nicht mehr auf.

Tiberius Mohr

Tiberius Mohr, Tierarzt
08.02.2001, 22:16
Hallo Herr Dr. Mohr,
vielen Dank für die Ausführung im Forum zum Thema 'Umweltresistenzen', aber gestatten Sie mir noch eine Frage zur Kotprobe: In Ihrem Buch 'Medizinische Versorgung im Brieftaubensport', das ich im übrigen jedem Sportsfreund empfehlen kann, steht, daß in Kotproben in der Regel lediglich Kokzidien und wenn die frische Kotprobe sofort untersucht wird noch Wurmeier nachgewiesen werden können. Mir sind jedoch Fälle bekannt, daß bei der Untersuchung von Kotproben auch Coli-Bakterien und Salmonellen nachgewiesen wurden. Wie ist dieser Gegensatz zu erklären ?
Danke und viele Grüße
D.B.


Meine Aussage, daß NUR Kokzidien nachgewiesen werden können (und unter bestimmten Bedingungen auch Wurmeier) bezog sich auf den Nachweis von Parasiten. Hexamiten beispielsweise, die bei weitem wichtigsten Parasiten, können bereits 10 Minuten nach dem Kotabsatz nicht mehr durch eine Kotuntersuchung nachgewiesen werden.

Der Wert einer bakteriologischen Kotuntersuchung wird durch sehr viele Faktoren beeinflußt, was die Aussage nicht unbedingt verläßlicher macht. Wenn Salmonellen nachgewiesen wurden, kann auch davon ausgegangen werden, daß diese zuvor von Tauben ausgeschieden wurden. Bei Escherichia coli wäre ich schon vorsichtiger; wie lange lag der Kot im Schlag? Mit welchen Utensilien wurde die Probe entnommen? Ist wirklich sauber gearbeitet worden? Die Welt ist voller Colis, unsere Umgebung ist davon überflutet. Stammen die nachgewiesenen Bakterien wirklich aus dem Darm der Taube oder von der Hand des Züchters — in diesem Fall sind nicht die Tauben zu behandeln, sonder der Züchter sollte sich öfter die Hände waschen. Haben sich diese Bakterien während des Transportes vielleicht in der Kotprobe vermehrt und wenn ja wie stark? In welcher Anzahl sind sie vor der Vermehrung im Kot gewesen? Haben sie bei ihrer Vermehrung anderen Bakterien die Nahrung weggenommen und sie überwuchert, so daß diese anderen — vielleicht krankmachende Keime — gar nicht mehr nachgewiesen werden können? Welche Bakterien waren vorher noch im Kot, die durch den Transport (Temperatur, Feuchtigkeit bzw. Austrocknung etc.) nicht über lebt haben?
Diese und viele, viele, ähnliche Fragen können anhand einer Kotuntersuchung nicht beantwortet werden.
Wenn Sie die früheren Beiträge aus diesem Forum aufmerksam durchblättern werden Sie noch weitere Gründe finden, die gegen die Kotuntersuchung sprechen.

Tiberius Mohr