Thema: Doping
Einzelnen Beitrag anzeigen
  #1  
Alt 30.07.2000, 23:22
Tiberius Mohr, Tierarzt
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Doping

Sehr geehrte Taubenzüchter und Teilnehmer des Medizinforums,


zum Start des neuen Forums nun ein Beitrag mit ebenso aktuellen Informationen.

Dieser erste Beitrag befaßt sich mit der Dopingproblematik und einer neuen Nachweis- und Kontrollmöglichkeit.
Wir hoffen, mit unseren Beiträgen zur „Reformierung“ des Brieftaubensportes im Sinne der Tauben und der sportlichen Fairneß beitragen zu können. Unser Ziel ist es, durch Informationen und sachliche Auseinandersetzung mit den Problemen im Brieftaubensport Verbesserungen zu erwirken und Mißstände (die oft auf mangelnder oder falscher Information beruhen) aufzudecken; konstruktive Kritik erwünscht!

Dem Veranstalter Herrn Obster danken wir und wünschen eine rege Beteiligung.


Auf eine für alle Teilnehmer erfolgreiche Jungtaubensaison — und natürlich gesunde Tauben

Mit freundlichen Grüßen

Tiberius Mohr
und das Team der Tierarztpraxis und des Klinischen Laboratorium für Veterinärmedizinische Diagnostik




Doping – Neue Nachweismethoden für EPO

Wie im Leistungssport des Menschen, im Pferdesport und bei Hunderennen sind auch im Brieftaubensport einige Dopingsubstanzen nachweisbar, andere hingegen (leider) nicht. EPO (Erythropoietin) war bisher weder beim Menschen noch beim Tier von dem natürlichen, im Körper produzierten Erythropoietin zu unterscheiden.

EPO ist ein natürliches Hormon des Körpers, das die Produktion der roten Blutkörperchen anregt – und darauf beruht auch die mißbräuchliche Anwendung als Dopingmittel. Eine Erhöhung der Anzahl roter Blutzellen ist mit einer Steigerung der Sauerstoff-Transportfähigkeit des Blutes verbunden und hat eine gesteigerte Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit zur Folge: Die Taube fliegt der Konkurrenz davon, vor allem unter schweren Flugbedingungen und auf Langstreckenflügen.

In der Medizin wird EPO vor allem Dialysepatienten verabreicht und bei bestimmten Formen der Blutarmut (regenerative Anämien) angewendet.
Als Dopingmittel wird EPO vor allem im Radsport und bei allen Wettkämpfen mißbraucht, die von den Athleten Schnelligkeit und Ausdauer fordern (Triathlon, Marathonlauf).

Die EPO-Kontrollen beschränkten sich bisher darauf, bei verdächtigen Athleten das Verhältnis der roten Blutkörperchen zum Gesamtblutvolumen zu messen (Hämatokritwert). Diese indirekte Nachweismethode ist jedoch zu unsicher, weil auch hartes Training bei geringer Sauerstoffkonzentration in der Atemluft ähnliche Blutbildveränderungen hervorruft. Aus diesem Grund trainierten früher Hochleistungssportler vor einem Wettkampf mehrere Wochen in den Bergen oder auf der mexikanischen Hochebene.

Nachdem es der pharmazeutischen Industrie gelungen war, EPO künstlich herzustellen, stieg auch die Versuchung, sich dieses „Training aus der Spritze“ zu verabreichen.
Mitte der 90er Jahre zog EPO auch in den Brieftaubensport ein und bis heute ist bei Brieftauben das künstlich zugefügte EPO von dem natürlich produzierte Hormon nicht zu unterscheiden. Daran wird sich in den nächsten 2 bis 3 Jahren auch nichts ändern.
Im Brieftaubensport scheiterten zunächst alle Versuche, mit EPO eine Leistungssteigerung zu erzielen daran, daß — vor allem in Belgien — das EPO über das Trinkwasser verabreicht wurde. Oral aufgenommen ist EPO jedoch unwirksam, da es in der Darmschleimhaut abgebaut wird. Nachdem die Fachpresse dieses „Mißverständnis“ berichtigt hatte, stieg auch die Anfrage nach EPO sprunghaft an. Vor allem die EPO-Skandale der Tour de France 1999 haben auch die deutschen Brieftaubenzüchter „auf den Geschmack gebracht“. Die Nachfrage nach EPO in unserer Praxis im Jahr 1999 war größer als in allen Jahren zusammen seit der Eröffnung der Praxis — daß wir dieser Nachfrage außer in medizinisch begründeten Fällen nicht nachgekommen sind, ist selbstverständlich.

Der EPO-Nachweis beim Menschen steht nun kurz vor der Zulassung. Damit haben langfristig auch dopende Taubenzüchter schlechte Karten. Einer aktuellen Meldung der amerikanischen Zeitschrift „Nature“ zur Folge haben Wissenschaftler aus den USA einen Test entwickelt, mit dessen Hilfe auf molekularer Ebene das künstlich zugefügte EPO vom natürlichen EPO-Hormon unterschieden werden kann. Vermutlich werden die ersten Kontrollen bereits bei den Olympischen Spielen 2000 stattfinden.

Das „Handwerkzeug“ steht der Wissenschaft also zur Verfügung. Nun liegt es an dem Verband, diese neue Nachweismethode zu einem Test bei Tauben weiterentwickeln zu lassen — daran wird sich nicht nur die Ernsthaftigkeit und Glaubwürdigkeit des Verbandes messen, der Ruf des gesamten Brieftaubensportes steht auf dem Spiel.


Mit Zitat antworten