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Alt 04.08.2008, 12:19
Dennis Dennis ist offline
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Zitat von geherby Beitrag anzeigen
Hallo,
ein Freund von mir kämpft jetzt im 5. Jahr mit der Jungtaubenkrankheit. Seine Tauben haben vorher kein Kontakt zu anderen Tauben, der Schlag ist gepflegt und wird öfters desinfiziert bzw. ausgebrannt und seine Zuchttauben wurden in den letzten 5 Jahren 3x ausgetauscht. Er kann jetzt wieder nicht an den Jungtaubenflügen teilnehmen und ist am verzweifeln. Die Verpflegung der tauben ist gut und sie bekommen 1x täglich eine Stunde Freiflug. Was ist meinem Freund zu empfehlen?
Hallo Herbert,

ich habe die Erfahrung gemacht, dass es die Züchter, die es besonders gut machen wollen und ihren Jungtauben während der Aufzucht praktisch "sterile" Bedingungen bieten wollen, später besonders hart trifft - und zwar in der Regel nach den ersten Vorflügen.
Die Erklärung dafür ist vermutlich, dass die Tauben nicht die Gelegenheit hatten, sich mit dem für ihre Umgebung üblichen Keimspektrum auseinanderzusetzen und eine Immunität gegen einige dieser Errger aufzubauen. Wenn sie dann im Kabi mit den Tauben der anderen Schläge zusammenkommen, stürzen alle diese eigentlich harmlosen Keime gleichzeitig auf sie ein und führen - zusammen mit der Stresssituation des ersten Kabi-Transports - zu einer Überforderung der Abwehrmechanismen.

Mein Rat an diese Züchter ist für das jeweils kommende Jahr folgender:
  • Während der Auzucht keine übertriebene Hygiene auf dem Schlag. Das bedeutet aber nicht, den Schlag "verlottern" zu lassen !!!! Denn das Ziel ist, dass die Jungtauben die Möglichkeit bekommen, sich mit der Keimflora ihrer Umgebung auseinanderzusetzen, dabei jedoch gesund bleiben und sich einwandfrei entwickeln.
  • Das heißt Saubermachen je nach Schlagverhältnissen höchstens 1-2x in der Woche, evtl. Einrichtung einer Strohecke. Ein heller, luftiger und vor allem trockener Schlag ist dafür natürlich von unschätzbarem Vorteil und sollte, wenn er noch nicht vorhanden ist, angestrebt werden. Überbesetzung sollte vermieden werden.
  • Regelmäßige Desinfektionen ohne besonderen Anlass (d.h. das Vorhandensein eines potentiell stark krank machenden Erregers, wie z.B. PMV-1, Salmonellen etc.) sind in meinen Augen nicht sinvoll und sollten daher unterbleiben.
  • Der Einsatz von Medikamenten sollte bis zum Beginn der Vorbereitung auf die Flüge unterbleiben, solange er nicht absolut zwingend erforderlich ist. Wenn er erforderlich wird, d.h. die Tauben (mehrere, nicht nur einzelne) sind ernsthaft krank, sollte man sich Gedanken über die Gründe (Fehler bei den Haltungsbedingungen etc.) machen und versuchen, diese abzustellen.
  • Vor Beginn der Vorbereitung sollten die Tiere untersucht werden und eventuell vorhandene potentielle Krankheitserreger beseitigt werden, um den Tauben die Doppelbelastung aus der Kontrolle dieser Erreger und den Flügen zu ersparen. Dabei geht es vor allem um Trichomonaden und Hexamiten (Spironucleus). Kokzidien lassen sich aufgrund ihres Lebenszyklus durch einen trockenen Schlag und von nun an verkürzte Reinigungsintervalle bekämpfen und bedürfen meiner Meinung nach bei guten Schlagverhältnissen nur sehr selten der Behandlung.
  • Nach Absetzen der letzten Jungtiere sollte auf ein "leichtes" Jungtierfutter (d.h. weniger Eiweiss, mehr Rohfaser) umgestellt werden. Jede Futterumstellung sollte mit einer Übergangszeit und nicht von heute auf morgen erfolgen.
  • Darüber hinaus natürlich optimale Versorgung mit Mineralien, Vitaminen etc.
Dies halte ich - basierend auf meiner eigenen Erfahrung und dem wenigen, was bisher an wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Jungtaubenkrankheit veröffentlicht ist - für die bestmögliche Vorbeuge. Dies bedeutet aber nicht, dass es eine Garantie ist, im nächsten Jahr verschont zu bleiben !

Für dieses Jahr, wo das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, ist deinem Kollegen zu empfehlen, zu einem mit Tauben erfahrenen Tierarzt zu gehen. Nicht immer handelt es sich bei Erkrankungen der Jungtauben um die "klassische" Jungtaubenkrankheit (bedeutet nach derzeitigem Stand des Wissens: Immunsuppression durch Circovirus + Darmentzündung durch E. coli). Auch Trichomonaden oder Hexamiten können ähnliche Krankheitsbilder hervorrufen oder an der JTK beteiligt sein, ebenso wie andere Erreger. Außerdem verursachen auch z.B. Salmonellen, PMV-1 oder Vergiftungen teilweise Symptome, die vom Züchter nicht selten mit der JTK verwechselt werden.

Gruß,
Dennis
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