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  #1  
Alt 14.11.2000, 21:45
Tiberius Mohr, Tierarzt
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Standard Augentheorie

Augentheorie

Aus der Sicht des Genetikers ist die Augentheorie — wie alle anderen ähnlich strukturierten Theorien auch — blanker Unsinn. Sie mißachtet alle Erkenntnisse der Genetik und der modernen Tierzucht.

Die Leistung — wie man sie auch definieren mag — ist ein polygen codiertes Merkmal, und aufgrund dieser Tatsache kann es keine Verknüpfung mit einer monogenen (Augenfarbe, Gefiederfarbe) oder sonstigen phänotypischen (Flügellänge, Flügelform) Eigenschaft geben.
Die Zucht auf Leistungsfähigkeit kann ausschließlich mit populationsgenetischen Methoden geführt werden — wie bei allen anderen Leistungstieren auch. Ganz egal ob es sich um Geschwindigkeit, Ausdauer oder Orientierungsvermögen handelt, die Taube macht hier keine Ausnahme.
Eigentlich erübrigt sich ab dieser Stelle jede weitere Diskussion. Ich möchte jedoch noch einige Beispiele bringen, in der Hoffnung, beim einen oder anderen zu erreichen, daß der gesunde Menschenverstand eingeschaltet bleibt (bzw. wird). Ich bleibe dabei realistisch: mein Beitrag wird beim Züchter nicht viel bewirken, und es wird auch kein Verfechter der Augentheorie die Lupe beiseite legen. Trotzdem!

Vor allem weil die Leistung unserer Tauben so komplex ist und die Verfügbarkeit von Leistungsträgern nicht für alle reicht, die eine Zucht aufbauen wollen, haben seit Anbeginn des Brieftaubensportes Züchter immer nach Merkmalen gesucht, die ihrer Meinung nach auf die Leistungsfähigkeit hinweisen: warum sind wohl „alle guten“ Stichelbauts und Horemmans dunkel, haben Delbars eine weiße Feder oder haben sich nur die rotgehämmerten Bricoux durchgesetzt? Die Liste ließe sich beliebig lange weiterführen... Sind die Schalie aus bestimmten Janssen-Linien nicht „besser“ als die blauen? Damals wußte man es noch nicht besser. Diese Ausrede haben heutige Züchter allerdings nicht mehr. Man braucht nur in die nächst gelegene Buchhandlung zu gehen und sich ein gutes Tierzuchtbuch zu kaufen (z.B. COMBERG, Tierzüchtungslehre, eventuell LEIBENGUTH, Züchtungsgenetik) — lesen sollte man es natürlich auch...
Es ist auffallend, daß alle Verfechter irgendwelcher dubiosen Theorien ausnahmslos Menschen sind, die nie ein Fachbuch der Tierzucht oder Genetik in der Hand gehalten haben — sonst würden sie sich dieser Auswüchse ihrer Phantasie höchstwahrscheinlich schämen. Mit Fachbuch meine ich ein anerkanntes Werk der Tierzucht, nicht die in Buchform gegossene Meinungsäußerung irgendwelcher pensionierter Lehrer oder Taubenfotografen, die mit ihrem jahrzehnte alten Abiturwissen beim Taubenzüchter Eindruck machen wollen.

In keiner anderen Leistungszucht wird so viel Hokuspokus getrieben wie in der Brieftaubenzucht. Zwar haben Hunde- und Katzenzüchter auch so ihre Merkwürdigkeiten, aber verglichen mit den Taubenzüchtern schreiten sie auf ihrem Zuchtweg regelrecht tugendhaft.
Was würde wohl eine Pferdezüchter antworten, wenn man ihn fragen würde, weswegen er nur Pferde in der Zucht einsetzt, die nachgewiesenermaßen ein hohes Leistungspotential haben? Warum macht er sich nicht die Arbeit einfacher, indem er die Beinlänge mißt oder mit einer Lupe in die Augen schaut? Wahrscheinlich würde man nicht mal ausgelacht werden, denn kein Pferdezüchter würde auch nur auf die Idee kommen, daß die Frage nicht als Scherz gemeint war. Und wie würde der Bauer reagieren, der für seine Kühe das tiefgefrorene Sperma aus den USA importiert — von Bullen, deren Töchter besonders viel Milch geben (egal wie lang die Hörner sind)? Ganz einfach: man würde (samt Lupe) vom Hof gejagt werden!

Ich hoffe sehr, daß jetzt keine Reaktionen nach dem Motto „die Taube ist keine Kuh“ ins Forum gesetzt werden. Man sollte sich auch die Peinlichkeit laienhafter Belehrungen wie „man weiß doch nicht einmal genau wie die Leistung vererbt wird“ sparen. Man braucht nicht zu wissen, wie bzw. wo das Merkmal im Genom kodiert und wie es vererbt wird, um mit populationsgenetischen Methoden erfolgreich daraufhin zu arbeiten. Die Leistung ist eben keine monogene Angelegenheit und man muß für eine erfolgreiche Zucht nicht wissen, wie dieses Merkmal vererbet wird!

Die Gesetze der Populationsgenetik sind artübergreifend und haben bei der Taube genau so ihre Gültigkeit wie beim Pferd oder der Schildkröte — außerdem ist das nicht meine persönliche Meinung, es ist gesichertes tierzüchterisches Wissen (siehe Comberg).
Tierzucht ist keine Religion, Tierzucht ist eine Wissenschaft. Es kann zwar jeder glauben was er will, nur ist die Leistungszucht keine Glaubensfrage.
Ich komme mir schon sehr eigenartig vor, wenn ich diese Zeilen schreibe... Es ist so, als würde ich versuchen jemanden davon zu überzeugen, daß die Erde rund und nicht flach ist — wir machen uns damit doch nur lächerlich! Es wird langsam Zeit, damit wirklich aufzuhören und mit Tauben zu züchten, die die Eigenschaften aufweisen, die wir suchen und festigen wollen. Eine gute Taube verfügt über die gewünschten Eigenschaften — sonst wäre sie ja nicht gut. Was sie für Augen hat ist doch völlig unerheblich. Wer erfolgreich züchten will, der muß anhand von Merkmalen selektieren, die er in der Zucht erreichen will. Wenn man einen langen Flügel bei seiner Nachzucht festigen möchte, dann muß man eben mit dem Maßband durch die Schläge laufen. So auch mit den Augen. Möchte man eine bestimmte Augenfarbe oder Pupillenform oder sucht man nach bestimmten Zeichen in der Iris, dann ist man sicherlich gut beraten, wenn man sich die Zuchttauben mit Hilfe einer Lupe aussucht. Wenn man hingegen leistungsstarke Brieftauben züchten möchte, dann muß man die Gesetze der Leistungszucht beachten. Sich eigene zu basteln ist nicht sehr produktiv. So einfach ist das! Man kann natürlich auch daraufhin züchten, daß die Tauben gut sind UND „gute“ Augen haben. Nur Züchtet man dann nach 2 Merkmalen, was den Zuchtweg (unnötig) verkompliziert und die Zeit bis zum Erfolg verlängert.
Einer meiner Tierzuchtlehrer an der Uni (Prof. Wasmuth) hat in einer seiner Vorlesungen ein Beispiel aus dem 3. Reich vorgetragen, das genau dem Sachverhalt der Selektion nach mehreren Merkmalen in der Taubenzucht entspricht: Bei der Auswahl der Athleten für die Olympiade in Berlin wurden — neben der Leistung — weitere Merkmale herangezogen. Die Läufer sollten der Welt die „Überlegenheit“ des arischen Sportlers demonstrieren. Es schieden folglich alle aus, die nicht blond genug waren, ebenso die, die keine blauen Augen hatten. Athleten, die zwar schnell laufen konnten, aber politisch nicht ganz „sauber“ waren, durften auch nicht teilnehmen. Den Ausgang des Wettlaufes kennen wir: es gewann ein farbiger Läufer aus dem Ausland.
Weitere Ausführungen erspare ich mir an dieser Stelle und verweise auf die in Fülle vorhandene Fachliteratur.

Es geht gar nicht darum, zu beweisen, daß die Augentheorie falsch ist. Das ist in der Tierzucht längst bewiesen! Viele Züchter würden gut daran tun, sich zu informieren, bevor sie sich eigene Theorien zusammenbasteln. Es mag wohl sein, daß der eine oder andere bei der Auswahl seiner Zuchttauben mit der Lupe zugange ist, die Wettflugerfolge der Nachzucht können aber trotzdem nur Zufälle sein. Diese Züchter (falls sie AUSSCHLIESSLICH danach selektieren) reisen gut, weil sich diese Auslese noch nicht negativ ausgewirkt hat — sie haben eben gute Tauben und einige haben eben „gute Augen“. Es spricht nichts dagegen, Tauben mit bestimmten Augenmerkmalen in die Zucht zu setzen, wenn diese Tauben gut sind. Wenn man sich aber nur auf die Augenzeichen verläßt ist man — langfristig betrachtet — auf dem Holzweg!

Tiberius Mohr

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  #2  
Alt 15.11.2000, 10:19
Filz
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Standard Augentheorie

Hallo Herr Mohr,
mit diesem Beitrag sprechen Sie mir aus der Seele.
Wie kann man sich als der "Liebe Gott" aufspielen und die Qualität oder Ausdauer von Tauben nach dem Auge bewerten. Genauso wäre es ja im Prinzip die Leistungfähigkeit von Menschen nach der Augenfarbe zu beurteilen. Ha, Ha, Ha.
Es ist natürlich ein einfaches Tauben mit "Guten Augen" zu züchten. Man hat dann innerhalb von 3-4 Jahren nur noch Tauben mit klasse Augen, aber ohne Preise.
Als allerersten Kriterium in der Zucht muß immer die Leistung der Taube stehen. Einzige Merkmale die eine sehr gute Taube hat sind Wiederstandsfähigkeit sprich Gesundheit, Harmonie, Muskulator und eine gewisse Art von Zutraulichkeit gegenüber dem Züchter und natürlich die richtige Sorte, denn es ist sicher daß Gute Tauben auch nur aus Guten kommen und nicht aus irgenwelchen imaginären Rassen die Geschäftemacher ins Gespräch bringen um den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen.(Ich habe zum Beispiel verfolgt daß fast immer 1.Preisflieger aus 1.Preisfliegern gezüchtet werden.)
Alle anderen Faktoren wie Züchter, Schlag, medizinische Betreuung, Fütterung sind erst mal zweitrangig und ermöglichen der Taube die volle Leistungsfähigkeit. Auch weiteren körperlichen Merkmale sind zweitrangig. Wenn man auf der Verbandsausstellung sieht, wieviele Astauben mit schlechten Flügeln, Augen und ohne Rücken dastehen, muß ich mich immer wieder über die Naivität der Züchterschaft wundern, die auf die Augengurus hereinfallen. Aber schaut euch doch mal bei der Verbandsausstellung um, wieviel Leute bei den Tauben stehen und wieviele an den Verkausständen der Industrie- und der Wunderheiler. Dann wisst ihr alles. Komischerweise sehe ich bei den Tauben meistens Züchter die überdurchschnitliche Erfolge erreicht haben, aber bei den Industrieständen nur die die den Stein der Weisen suchen oder wie man aus Blei Gold macht. Natürlich wird jetzt wieder von vielen gefragt, der hat leicht reden aber fertigbringen tut er nichts.
Meine Erfolge sind in unserer RV sind hinreichend bekannt, ich reise jetzt seit 17 Jahren bin 2 x RV-Meister, FG-Meister und in jedem Jahr bei allen Meisterschaften vertreten und habe immer, wirklich immer, nur in der Zucht die Leistung an 1.Stelle gestellt. Doch Meisterschaften sind doch nur das Resultat einer leitstungsbezogenen Zucht und kommen von alleine. Von Verbandsmeisterschaften halte ich nichts und reiche auch nicht ein. Für mich sind einzig und allein die Preise der Taube ausschlaggebend. Deshalb fange ich auch mit ca. 55 Tauben an zu Reisen )(Vögel und Weibchen) (Gesamtbestand ca. 75 Tauben) und setze am Endflug immer noch zwischen 45 und 50, auch Jährige und daß jedes Jahr nicht wie viele Spitzenschläge(Verkäufern) am Anfang 100 und am Ende 20 und nur noch die Zähler. Trotzdem lag meine Reiseleistung bei 56% aber ich kann mit guten Gewissen die Tauben sortieren, die keine Preise geflogen haben. Wobei ich sogar teilweise Tauben mit 8 Preise aussortierte, da die Schnelligkeit fehlte. Meine Erfolge bei den Ausstellungen sind natürlich gleich null. Wir haben in unseren RV Vereine die sich jedes Jahr die Tauben klassifizieren lassen. Ihre Erfolge:
keiner war in den letzten Jahren unter den führenden Schlägen mehr zu finden. Aber alle haben Sie bessere Augen bzw. Flügel wie meine Tauben!!! Also Sportfreunde, gebt euer Geld lieber für leistungsstarke Tauben aus, die keinen großen Namen haben (die sind nämlich viel preiswerter und fliegen auch besser) und füllt nicht den Spitzbuben die Taschen.
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  #3  
Alt 15.11.2000, 11:02
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tiffy tiffy ist offline
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Standard RE: Augentheorie

Herr Mohr dazu fällt mir nur eins ein !!!!
Bravo!!!
Sie sprechen mir aus der Seele!
Mit sportlichem Gruß
Frank
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  #4  
Alt 15.11.2000, 11:16
lupogti198 lupogti198 ist offline
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Standard RE: Augentheorie

Hallo Sportsfreunde,
ein wunderbarer Artikel von Herrn Mohr! Ich hoffe nur, dass dadurch auch die letzten Verschwörer irgendwelcher Theorien in Bezug auf Taubenselektion geheilt sind. Sehr interesant ist der Artikel für "Jemanden", der sich mit der Vogelstraußmethode beschäftigt hat, aber leider vergaß seinen eigenen Kopf aus dem Sand zu ziehen.
MfG
Wolfgang
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  #5  
Alt 15.11.2000, 15:59
Berger OVATOR
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Standard RE: Augentheorie

Hallo Roland,
gerne bestätige ich Deine hervorragende Reiseleistung im KV 84 Frankfurt, der Union (Transport und Fluggemeinschaft) und der RV Frankfurt am Main.
Ich komme aus der Nachbar RV und kenne die Leistungsstärke Deiner Tauben. Ich brauche ja nur eure Preislisten anzuschauen.
Warum hälst Du von der Verbandsmeisterschaft nichts?
Ich wünsche Dir weiter Gut Flug !
A.Berger
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  #6  
Alt 17.11.2000, 10:40
Kurpfälzer
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Standard RE: Augentheorie

Werter Sportsfreund,

stellen Sie sich vor.....

Sie hätten eine Auslesetechnik entwickelt ( das Auge ist nur eins von sechs Kriterien). Die so gezüchteten Tauben fliegen bei Ihnen die 1.+6. Verbandsmeisterschaft im Bezirk in Folge, 4x in Folge 1. RV Meister JT (130 RV-Reisende), Medaillen etliche erste Preise vom SW.u.v.a....

Dann schlägt das Schicksal zu. Sie wissen 3 Jahre lang nicht ob und wie es weitergehen wird. Sie sind gezwungen den Besatnd auf 20 Tiere zu reduzieren.
In dieser Zeit gewinnen abgegeben Tauben neben anderen Spitzenleistungen den 1., 2.,9. Platz beim Derby in Kuwait ´96, die BT berichtete.
Anschließend erwirbt der Sohn des Emirs bei Ihnen Jungtiere und Sie werden gebeten einige weitere Tiere dorthin abzugeben.
1999 bessert sich Ihre persönliche Situation wieder. Sie starten im Jungflug (SO-Richtung) mit einer neuen Mannschaft(selber Stamm): ca. 62% Reiseleistung, 6. Verbandsmeister Bezirk alle Medaillen. In 2000 fliegt die Mannschaft 55 % Reiseleistung (2. beste RV) und 2 erste Konkurse-einmal 1.-4.!!, bei einem Vereinskollegen gewinnt ein direkter Verwandter Ihrer 1.-Preis-flieger jährig 10 Preise und auch den 1. Preis, der Nestbruder fliegt jährig 9 bei einem weiteren Vereinskollegen. Ihr Freund in Kuwait wird 2000 "Champion" und fliegt mit Nachzuchttauben: 3x1., 7x2., 3x3. und 36 Preise bis zum 10. ..Eine Nachzuchttaube gewinnt den Nationalflug für Jungtauben und der Emir von Saudi Arabien holt sich Ihre Tauben auf seinen Schlag, auf dem sich das "who is who" des Taubensports ein "Stell´ dich ein" gibt.

Auf der Kassel-Messe erzählt Ihnen ein Jungzüchter aus Leer, der ´98 Sommerjunge bei der AS-Verlosung gewann, daß er 10. RV-Meister geworden ist und zwei Jährige aus Ihren Tauben 10 und 8 Preise geflogen haben. Zwei Stände weiter berichtete Ihnen ein anderer Züchter, der letztes Jahr ebenfalls 5 Sommerjunge erhalten hat und diese mit seinen Tauben gekreuzt hat, daß von den Kreuzungen bei 5 Jungtouren 10 Stck "volles Haus" geflogen haben und die schlechtesten 3 Preise usw. usw....


...und dann versucht man Ihnen klar zu machen, daß Sie, aufgrund wissenschaftlich gesicherter Erkenntnis, auf dem Holzweg sind ...!!!

Mal ehrlich, würden Sie dies akzeptieren?

Mit Sportsgruß
Friedrich
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  #7  
Alt 20.11.2000, 22:13
Tiberius Mohr, Tierarzt
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Standard Augentheorie überflüssig

Schade Herr Friedrich. Sie haben nichts verstanden...

Ihre Erfolge — die ich Ihnen auch sehr gönne (ich weiß wer Sie sind und sie wissen auch sicherlich, was ich damit meine) — verleiten gewiß dazu, voreilige Schlüsse zu ziehen.

Genetik und Tierzucht zählen offensichtlich nicht zu Ihrer Lieblingslektüre. Lassen Sie sich nicht von Erfolgen blenden und auf falsche Fährten bringen. Vorausschauender wäre es, den wirklichen Grund dafür zu suchen, daß Ihre Tauben trotzdem NOCH so gut fliegen, um irgendwann imstande zu sein, den Holzweg zu verlassen.
Der krampfhafte Versuch, obstruse Theorien lediglich anhand eigener Erfolge zu erklären, ist gar nicht nötig: der Sachverhalt ist bereits wissenschaftlich erforscht und bekannt. Außerdem: ist es (für einen Laien) nicht etwas anmaßend, gesichertes Wissen aufgrund persönlicher, fachlich unhaltbarer Folgerungen öffentlich in Frage zu stellen und bekannte Zusammenhänge der wissenschaftlichen Tierzucht anhand selbst entwickelter Theorien zu erklären?

Ich hoffe, daß Sie meine Ausführungen nicht persönlich nehmen. Wir vertreten beide nur unseren Standpunkt. Der Unterschied besteht lediglich darin, daß Sie Ihre individuelle Auffassung zu einem Codex der Leistungszucht erheben wollen. Ich habe diesbezüglich nur versucht, vorurteilsfrei den aktuellen Stand der angewandten Genetik verständlich zu machen — bei Ihnen leider ohne Erfolg.
Gewiß: ich halte den „entdgültigen“ Stand der Tierzucht auch nicht in der Hand. Das ist gar nicht möglich. Wie die Geschichte der wissenschaftlichen Erforschung der Natur uns so oft gezeigt hat, entwickeln sich die Dinge stetig weiter, sicher geglaubte Dinge werden „abgeheftet“ und gelöst geglaubte Probleme werfen mehr neue Fragen auf, als sie beantworten. Trotz immer tieferer Einblicke in die Genetik kratzen die Wissenschaftler lediglich an der Oberfläche... Das ändert aber nichts daran, daß einige Sachverhalte bereits aufgeklärt wurden. Es wird auch in der Wissenschaft nicht alles mit der Zeit widerlegt; einige Gesetzmäßigkeiten sind eben richtig und gelten dementsprechend weiter. Und eines kann ich mit Sicherheit behaupten (ohne in Gefahr zu geraten, irgendwann von der Fachwelt widersprochen zu werden): Nie wird in der Leistungszucht die Augentheorie (oder eines Ihrer übrigen geheimnisvollen Auslesekriterien) zum Selektionskriterium werden.

Stellen Sie sich vor.....
Sie hätten eine Auslesetechnik entwickelt
— und diese ist samt „sechs Kriterien“ völlig überflüssig, da Sachverhalt bereits geklärt (leider nur nicht bis zu Ihnen durchgedrungen).
Mal ehrlich: daß Sie davon nicht gerade entzückt sind, ist verständlich.



Bei den übrigen Forumteilnehmern bedanke ich mich für die positiven Rezensionen.

Zunächst wollte ich mich aus der Diskussion um Augen und Wringer heraushalten. Ich bin aber nicht nur Mediziner, ich bin auch Taubenzüchter. Und als Taubenzüchter tut es mir weh, wenn ich auf Tauben zu sprechen komme und mir Fachkollegen (Ärzte, Tierzüchter) erwidern: „Sie sind Brieftaubenzüchter? — das sind doch die mit den Augentheorien, die ihre Tauben dopen damit sie schneller fliegen...“
Es ist traurig. Es schäme mich dafür, was die Öffentlichkeit von uns hält, vor allem in Fachkreisen.

Vor einigen Jahren habe ich ein Buch über die genetischen Grundlagen der Brieftauben-Leistungszucht verfaßt. Aus Zeitgründen konnte ich es aber leider nicht allein fertigstellen — zumal ich dem Buch „Medizinische Versorgung im Brieftaubensport“ den Vorrang gegeben habe. Für die Fertigstellung einiger Kapitel habe ich mich an einen Professor für Tierzucht und Haustiergenetik aus einem Tierzuchtinstitut einer deutschen Universität gewandt, der sehr viel mit Brieftauben geforscht hat. Wir kannten uns bereits seit 15 Jahren und er reagierte auf meine Anfrage zunächst positiv. Als ich dann erwähnte, daß das Buch nicht für Tierärzte sondern für Taubenzüchter bestimmt ist, winkte er sofort ab. „Ich will mit Augen- und Flügeltheoretikern nichts zu tun haben, die sollen ihre Sache machen wie sie wollen, denen ist ja doch nicht zu helfen“ — meinte er sinngemäß, und man kann es ihm nicht einmal übel nehmen.

Das Manuskript liegt seitdem in der Schublade — und dort wird es vermutlich auch bleiben, denn auch ich habe kein Verlangen danach, mich mit Augentheoretikern und Abstammungsfetischisten herumzuschlagen und meine Zeit damit zu verschwenden, selbstverständliche, längst bekannte und wissenschaftlich anerkannte Dinge pausenlos gegen die Brandung zu schreien.
Ich bin auch schon so weit: „die sollen ihre Sache machen wie sie wollen“...

Tiberius Mohr
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  #8  
Alt 21.11.2000, 13:06
Kurpfälzer
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Standard RE: Augentheorie überflüssig

Hallo Herr Mohr,

jeder hat das Recht seinen Standpunkt zu vertreten, deshalb nehme ich Ihre Ausführungen nicht persönlich, zumal Sie ausschließlich in der Sache selbst argumentieren.

Abschließend möchte ich jedoch festhalten, daß ich mit keiner Silbe die Populationsgenetik oder das Zuchtziel der präpotenten Vererber bzw. das Züchten eines Genpools (Stamm) angezweifelt habe.

Ich habe auch nie behauptet, daß man mit welcher Auslesetechnik auch immer aus Ackergäulen Rennpferde züchten kannn. Ich gebe der Wissenschaft insoweit vollkommen Recht.

....denken Sie mal darüber nach!!!

In Widerspruch zur Wissenschaft stehe ich allerdings mit meiner These, daß bestimmte äußere morphologische Merkmale mit den erwünschten Erbfaktoren korrelieren. Zu dieser These bin ich aufgrund eigener statistischer Erhebungen gelangt.

Mit Sportsgruß

Friedrich
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  #9  
Alt 22.11.2000, 04:57
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tiffy tiffy ist offline
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Registriert seit: 20.04.2001
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Standard RE: Augentheorie überflüssig

"Ja ist den heut schon Weihnachten........"

Ist mir alles zu kompliziert, ich versteh gar nichts mehr

Frank
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  #10  
Alt 22.11.2000, 19:36
Kurpfälzer
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Standard RE: Augentheorie überflüssig

Es folgt ein Erklärungsversuch:

Da ich mit der Wissenschaft übereinstimme, daß man nicht mit jeder x-beliebigen Taube(n) eine Leistungszucht aufbauen kann, habe ich 1989/90 Tauben zum Neuaufbau ausgesucht, die alle auf einen Vogel zurüchgingen, welcher im deutschen RV-Programm 7x1. Preis geflogen hatte (Enkel und nachfolg. Generationen). Man versicherte mir, daß die Nachzuchttiere auf verschiedenen Schlägen 1. Preise geflogen haben. Dazu kam eine Täubin (Urenkelin "612" Jökel= 5x1. Konkurs und wie sein Vater ein Supervererber mal Piet-Linie). 1991 gesellte sich eine Täubin dazu, deren Vater 4x2.Konkurs geflogen hatte und die selbst bei uns 1., 2., 3.,.. flog.

Die Nachzuchttauben wurden getestet und von den Spitzenfliegern, deren Kindern und Eltern weitergezüchtet. Soweit gehe ich mit der Wissenschaft konform.

Nun habe ich aber im Laufe der Zeit durch Beobachtung festgestellt, daß viele gute Vererber bzw. Reisetauben (nicht nur auf unserem Schlag) bestimmte äußerliche Merkmale besitzen. Z. B. 7 von 10 Supervererbern haben überdurchschnittliche Augen (Iris, Wertring etc.), alle Reisetauben, die mehrmals 11 und mehr Preise geflogen haben ein langes Brustbein ( prüfen Sie dies gerne nach...) usw. Also versuche ich systematisch diese von mir beobachteten Eigenschaften in meinen Stamm hineinzuzüchten um so schnellstmöglich einen nachhaltigen Genpool mit präpotenten Zuchttieren zu erhalten. Dies ist meine eigene These, die leider nur mit eigenen Erfolgen und mit Erfolgen abgegebener Tauben auf anderen Schlägen belegt werden kann, wissenschaftlich aber nicht verifiziert ist.


Bei Neueinführungen gilt aber als oberstes "Passerkriterium": die Tiere müssen in direkter Linie aus Tieren stammen, die mehrere erste Preise geflogen haben. Damit kehre ich wieder auf wissenschaftlich anerkanntes Terrain zurück....In den von mir beobachteten 6 äußerlichen Merkmalen sollen sie in nur einer Position (z. B. Auge oder Länge des Brustbeins) des Ausgleichs durch den anzupaarenden Partner bedürfen.(letzteres ist wiederum wissenschaftlich Ketzerei, was mir bewußt ist).

Ich hoffe, die Geschichte wird jetzt klarer!!??
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