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  #1  
Alt 10.10.2001, 19:58
donnie
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Mikroskopieren von Trichomonaden

Sehr geehrter Herr Mohr,

aus privatem Interesse möchte ich mir ein Mikroskop anschaffen.
Da ich auch Taubenzüchter bin, würde ich mir auch gerne zuhause mal Trichomonaden und Kokkzidien unter dem Mikroskop ansehen.
Ich möchte natürlich keine Diagnosen stellen, aber als Hobbymikroskopierer wäre das bestimmt sehr interessant.
Könnten Sie mir vielleicht einige Tipps geben, auf was beim Kauf eines Mikroskopes zu achten ist um nachher auch z.B. die Trichomonaden unter dem Mikroskop sehen zu können. Also z.B. welche Vergrößerungen notwendig sind, ob es ein Durchlichtmikroskop sein muß,Dunkelfeld?, usw..

Über einige Tipps würde ich mich sehr freuen.


sportliche Grüße

M.Becker



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  #2  
Alt 18.10.2001, 01:09
Tiberius Mohr, Tierarzt
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard RE: Mikroskopieren von Trichomonaden

Hier einige Auszüge aus meinem nächsten Buch. Falls Sie darüber hinaus Informationen benötigen, rufen Sie mich bitte in der Praxis gegen 20 Uhr an.

3.2 Mikroskop
Das Mikroskop ist das Herzstück jeder Heimuntersuchung und gleichzeitig das Teuerste. Gewiß gibt es auf dem Markt auch billige Modelle, nur taugen diese wenig. Alle Modelle unter 1.700 DM sind für eine ordentliche Diagnostik unter Heimbedingungen unbrauchbar, solche um 2.000 bedingt geeignet. Ab ca. 2.500 DM kann man auch erwarten, im Präparat etwas „brauchbares“ zu entdecken. Um ca. 3.500 DM beginnt die Oberklasse. Oft haben Geräte dieser Preisklasse keine bessere Ausstattung als die für 2.500 DM, sie haben dann aber eine bessere Optik, was auch unter Heimbedingungen nicht schaden kann. Oberhalb der 5.000 DM – Grenze beginnt die Luxusklasse und für den Züchter beginnt die Investition allmählich absurd zu werden. Die Ausstattung eines Mikroskops für 30.000 DM kann von einem Laienuntersucher nie rational ausgeschöpft werden (und außerdem: Wie wollen Sie der Ehefrau klar machen, daß Sie unbedingt dieses Gerät brauchen?); Polarisationsfilter für verschiedene UV-Wellenlängen und digitale Ausschnittvergrößerung, Fluoreszenzlicht und Videoausgang machen unter Heimbedingungen etwa so viel Sinn wie ein Ferrari für 900.000 DM, der 500 km/h fahren kann — als Familienkutsche.
Geräte gehobener Preisklassen sind für den Einsatz in einer auf Diagnostik spezialisierten Praxis konzipiert — und hier sollten sie auch bleiben, denn nur hier können sie sinnvoll genutzt werden.

...
Die Besprechung der benötigten Ausstattung bringt vor dem Kauf eines bestimmten Fabrikates viel mehr als die Erklärungen hinsichtlich der vielen Knöpfe nach einem bereits getätigtem Kauf - und die Angaben aus diesem Buch sollen auch noch mehrere Jahre nach dem Erscheinen die Auswahl und die Kaufentscheidung erleichtern. Wenn die aufgeführte Ausstattung vorhanden ist, kann das Modell ruhig günstiger sein — die Preise sind in ständigem Wandel und die Konkurrenz auf diesem Sektor läßt die Preise täglich purzeln. Wenn aber beispielsweise die Phasenkontrasteinrichtung fehlt, lohnt die Investition in eine bessere Optik auch nicht. Das Mehr an Ausstattung eines teuren Mikroskops kann in Heimarbeit meistens nicht genutzt werden. Wenn man schon bereit (und in der Lage) ist, einige € mehr zu investieren, ist dieses Geld besser in die Anschaffung von Objektiven mit asphärischen Linsen und einem bidirektional beweglichen Tisch (Kreuztisch) angebracht, als in „Knöpfchen und Schalter“, die außer kurz nach dem Auspacken ohnehin nie mehr angefaßt werden.

Konkret: Was kann und was sollte ein Mikroskop unbedingt besitzen, damit es sich für Heimuntersuchungen geeignet ist?

Okular:
binokular, 10x
binokular, Austauschsatz 12x — wenn kein 10x Objektiv vorhanden

Okularkappenaufsätze für Brillenträger

Licht:
elektrische Lichtquelle

Tisch:
bidirektional beweglich (Kreuztisch)

Objektive:

asphärische Linsen

4x (Lupe) zweitwichtigstes Objektiv für die Heimuntersuchung

10x (Phasenkontrast) — nur wenn kein Okular-Austauschsatz 12x vorhanden, ansonsten überflüssig.

20x (Phasenkontrast)

40x (Phasenkontrast) – wichtigstes Objektiv für die Heimuntersuchung

50x (Objektiv für Fluoreszenzuntersuchungen, z.B. Chlamydien) – für Heimuntersuchungen total überflüssig und recht teuer. Nur das Objektiv allein kostet über 1.000 DM, dazu kommen noch die 3-4 Polarisationsfilter für je ca. 3.000 DM... Außerdem braucht sogar ein promovierter Arzt bis zu einem Jahr Erfahrung, um Chlamydien im Immunfluoreszenzverfahren zu erkennen und von falschpositiven Befunden zu unterscheiden. Dabei würde die Chlamydienuntersuchung eigentlich sehr wichtig für die Heimuntersuchung...

100x (Ölimmersion) – das ist das teuerste Objektiv, dabei ist es bei weitem das schlechteste. Es kann nur im Immersionsverfahren eingesetzt werden, und was man dann sieht, kann ein Laie nicht identifizieren. Es ist für die Heimuntersuchung das überflüssigste Objektiv, aber aus unerfindlichen Gründen wird es immer gekauft – man guckt 1-2x durch und rührt es nie wieder an.

...

Drei handelsübliche Geräte im Vergleich. Die Fotos (die über das Forum nicht veröffentlicht werden können, nur im Buch zu sehen sein werden – Anmerkung für die Forumleser) wurden aus zwei Katalogen mit Praxisbedarf aus dem Jahr 2001 entnommen:

Bild 1
Bild 2
Bild 3

Beurteilung:

Das erste Mikroskop für 1.670 DM (+ MwSt = 1.937,20 DM) ist für die Routine in einer kleinen Tierarztpraxis ohne große diagnostische Ambitionen gut geeignet. Bis auf eine Phasenkontrasteinrichtung verfügt es über so gut wie alles, was man von einem Einsteigermodell erwarten darf. Für die Beurteilung von gefärbten Präparaten ist es gut geeignet, für die Beurteilung von Nativpräparaten (also für die Heimdiagnostik) ungeeignet.

Das zweite Mikroskop für 1.150 DM (+ MwSt = 1334 DM) ist mit dem ersten vergleichbar, wobei für den täglichen Einsatz eher dem ersten Modell der Vorzug gegeben werden sollte (persönliche Erfahrung).

Das dritte Mikroskop für 2.598 DM (+ MwSt = 3.013,68 DM) wäre für die Heimdiagnostik sehr gut geeignet. Aus der Beschreibung ist jedoch nicht ersichtlich, auf welche Objektive sich die Phasenkontrasteinrichtung bezieht. Benötigt werden Phasenkontrastobjektive vor allem bei 40x. Dem Bild kann man ferner entnehmen, daß das Mikroskop lediglich mit 3 Objektiven ausgeliefert wird, in der Beschreibung sind auch nur die 10x, 40x und 100x Objektive beschrieben. Für die Heimdiagnostik fehlen die Lupe (4x) für die Federuntersuchung und das 20x-Objektiv für die Beurteilung der Stärke eines Trichomonadenbefalls. Das 100x Objektiv hingegen ist für die Heimuntersuchung total überflüssig.

Zusammenfassend kann man also alle drei Modelle als ungeeignet betrachten. Das dritte Modell wäre zwar geeignet, wenn man aber die fehlenden Objektive nachkaufen muß, wird das Gerät zu teuer — also auch ungeeignet.

Im Buch folgt nun eine Bilderreihe...


Diese Bilderreihe soll verdeutlichen, wie unterschiedlich der selbe Befund in Abhängigkeit vom gewählten Phasenkontrastmodus ausehen kann.
Für die Diagnostik reicht es nicht, „etwas“ zu sehen, es kommt auch darauf an, das Gesehene einwandfrei identifizieren zu können. Dafür muß man die Möglichkeit haben, den Belichtungsmodus dem jeweils gesuchten Erreger bzw. der Beschaffenheit des Präparates anzupassen.

Die sog. „Züchtermikroskope“ für einige hundert DM erlauben nicht einmal ein Bild in der Qualität des „schlechtesten“ Bildes aus dieser Reihe.


Tiberius Mohr


p.s.: Bei Bedarf kann ich Ihnen mit der Post oder per eMail die Buchseiten mit den entsprechenden Fotos zusenden. Falls Sie sich schon für ein bestimmtes Modell entschieden haben, können Sie mir oder einer meiner Mitarbeiter Ihre Ausstattung durchgeben, ich werde Ihnen dann meine Meinung dazu sagen. Wenn das Mikroskop ein Markengerät ist, reicht mir auch nur die genaue Bezeichnung, weitere Einzelheiten benötige ich dann nicht mehr.
Bei entsprechendem Interesse kann die Besprechung mit den dazugehörigen Fotos unter Heimuntersuchungen ins Netz gestellt werden.
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  #3  
Alt 18.10.2001, 18:32
donnie
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard RE: Mikroskopieren von Trichomonaden

Sehr geehrter Herr Mohr,

vielen Dank, daß Sie sich die Zeit genommen haben für solch
detailierte Tipps. Sobald ich ein geeignetes Mikroskop gefunden habe, werde ich noch mal Ihre Meinung einholen.
Wann wird Ihr neues Buch eigentlich erhältlich sein?


Viele Grüße

M.Becker
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