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  #1  
Alt 16.10.2000, 21:55
Lutz Gebhardt
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Frage an H. T. Mohr (Pseudomonaden)

Der pathologische Befund meiner Jungtaube ergab eine bakteriell bedingte Allgemeininfektion durch Pseudomonaden spp. (bakt. Anzüchtung in den Organen). Im Einzelnen: eitrige Bauchfellentzündung, hochgradige Leber- und Milzschwellung, eine feingeweblich sichtbare granulomatöse Luftröhren-, Leber- und Nierenentzündung. Keine Salmonellen und Chlamydien, aber ein negativer Paramyxovirus 1-Titer obwohl die Taube geimpft wurde. Ein Resistogramm wurde angefertigt( noch nicht fertig). Wie könnte eine Behandlung aussehen ? MfG L.G.
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  #2  
Alt 18.10.2000, 00:51
Tiberius Mohr, Tierarzt
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard RE: Pseudomonaden

Pseudomonaden weisen oft Mehrfachresistenzen auf, sie sind sogar gegen die meisten gebräuchlichen Antibiotika unempfindlich. Die Behandlung sollte sich folglich ausschließlich nach dem Antibiogramm richten. Pauschalangaben helfen hier nicht weiter. Da eine Resistenzbestimmung bereits nach 18 Stunden abgeschlossen ist, werden das Ergebnis und die Behandlungsempfehlung sicherlich vor meiner Antwort bei Ihnen eintreffen.

Bemerkung:
Pseudominaden verursachen so gut wie immer Ödeme, Gewebsnekrosen (in Folge von Zelltod durch Toxineinwirkung) und Blutungen in den inneren Organen. Keines dieser (Haupt)Symptome wurde bei der Sektion Ihrer Jungtaube vorgefunden. Es ist vielleicht nicht verkehrt, bei einem anderen Tierarzt oder in einer anderen Untersuchungsstelle weitere Tauben untersuchen zu lassen.

Falls ich Ihre Frage falsch verstanden habe und Sie sich nicht auf das zu verabreichende Antibiotikum beziehen, sondern auf das allgemeine Vorgehen im Bestand, wäre folgendes zu beachten:

Es muß unbedingt eine mykologische Untersuchung (= Untersuchung auf Pilzbefall) durchgeführt werden. Auch wenn bei der Routineuntersuchung keine durch Soor-Pilze hervorgerufenen Veränderungen gefunden wurden, kann ein unterschwelliger Pilzbefall nicht ausgeschlossen werden. Dieser geringe Pilzbefall an sich ist bei einer gesunden Taube weder besorgniserregend noch behandlungsbedürftig. Wenn allerdings eine Antibiotikabehandlung gegen Pseudomonaden bevorsteht, sollte man es nicht darauf ankommen lassen. Nach der Resistenzbestimmung wird der Tierarzt mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ein Antibiotikum einsetzen, das zu den stärksten gehört, die man zur Verfügung hat. Folglich ist damit zu rechnen, daß auch die übrige, normale, nützliche und notwendige Bakterienflora der Tauben innerhalb von 2-3 Tagen völlig zerstört wird — zur „Freude“ der Pilze, die sich dann ungehindert vermehren können und sicherlich zu einer Soorpilzerkrankung führen werden. Das Mindeste, was dann passieren wird, ist, daß Sie das Reisejahr 2001 schon jetzt zu den Akten legen können. Es ist aber durchaus Schlimmeres zu befürchten.
Wenn keine Pilzuntersuchung durchgeführt werden kann, sollte man parallel zur Antibiotikabehandlung unbedingt ein Probiotikum verabreichen. Die darin enthaltenen gutartigen Bakterien wirken einer Pilzverbreitung entgegen. Die verabreichung eines Probiotikums während und ca. 3 Tage über die Antibiotikabehandlung hinaus ist in jedem Fall empfehlenswert — auch wenn ein Pilzbefall eindeutig ausgeschlossen wurde.
Als geeignet haben sich 3 Produkte herausgestellt:
Bird Bene-Bac (Albrecht-Aulendorf)
TS-6 (Taubenklinik Essen)
Probiotikum BT-2000 (Tierarztpraxis Mohr, siehe www.brieftaubenmedizin.de -> Wirkstoffe)

Bird Bene-Bac dürfte sich für eine Bestandsbehandlung über mehrere Tage als etwas zu kostspielig erweisen, ansonsten ist das Präparat sehr gut geeignet.
TS-6 ist etwas günstiger, dafür enthält es weder Elektrolyte, um den Verlust durch den Durchfall auszugleichen, noch sonstige darmwirksamen Stoffe (Pektine). Das wäre an sich nicht schlimm, wenn man TS-6 in der Reise vorsorglich einsetzen würde (dafür ist es ja entwickelt worden), aber in Ihrem Fall haben die Tauben vermutlich bereits jetzt schon ungeformten Kot (und folglich einen hohen Elektrolytenverlust). Nach beginn der Antibiotikabehandlung wird die normale Darmfunktion dann auf jeden Fall beeinträchtigt sein (durch das Antibiotikum selbst und durch seine Wirkung auf gutartige Bakterien in Darm).
Die Eigenschaften von Probiotikum BT-2000 können Sie auf der oben aufgeführten Seite nachlesen.

Sobald Ihnen das Ergebnis der Resistenzbestimmung vorliegt, können Sie sich natürlich wieder an mich wenden (am besten weiter über das Forum), ich werde Ihnen dann meine Einschätzung mitteilen.

Bitte beachten Sie, daß ein Großteil der Antibiotika den Mauserverlauf und das Wachstum der Feder erheblich beeinflußt.

Sollten Sie Zweifel haben oder Ihr Tierarzt nicht 100%ig mit den Gegebenheiten bei der Taube und in Ihrem Reisetaubenbestand vertraut sein, empfiehlt es sich, vor Beginn der Antibiotikabehandlung einen auf Vögel/Tauben spezialisierten Tierarzt zu konsultieren. Diverse Antibiotika, die Säugetieren bedenkenlos verabreicht werden können, sind für eine Taube giftig (Streptomycin) bis tödlich (Gentamicin); andere Medikamente können aufgrund ihres schlechten Geschmacks (-> zu geringe Aufnahme durch die Tauben) nicht ohne Weiteres angewendet werden usw. Chloramphenicol soltte beispielsweise bei Tauben nur als Palmitat (wie bei der Katze) nicht jedoch als Base (wie beim Hund) angewendet werden. Ein entsprechend spezialisierter Tierarzt wird all das beachten und Ihnen einen gut durchdachten Behandlungsplan erstellen.

Tiberius Mohr
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