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Alt 02.04.2019, 16:35
Lessing Lessing ist offline
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1) Wie ich zum Brieftaubenzüchter wurde...
Rumms Bumms Knall Peng!!
Prost Neujahr!!
Was ist denn da los frage ich
mich und beschließe hier zu bleiben, in Mutters Bauch.*
Bald jedoch wurde mir klar, hier kann ich nicht bleiben, sonst wird's nix mit Tauben züchten. Also Mut und raus in die weite Welt!!*
Auf dem Kalender stand:*
22. Januar 1953
Kalt war es hier draußen, später wurde mir klar, so ist das wohl im Januar. Mutters Milch und ein schöner warmer Sommer ließen mich blendend wachsen, der nächste Winter konnte kommen.*
Dem Frühjahr 1954 sah ich schon auf eigenen Beinen entgegen und Tor rufen konnte ich im Sommer auch schon. Deutschland war Weltmeister!!
Von jetzt an wurde es richtig spannend, hören, sprechen sehen und immer mehr verstehen. Als Mutter immer runder wurde, war mir klar, ein Schwesterchen ist bald da. So kam es, dass ich ein großer Bruder wurde. Mutter hatte jetzt viel Arbeit und ich ging nach Draußen um die große, weite Welt zu erforschen.*
So gingen die Jahre dahin und mit dem ersten Schultag bekam alles seinen Sinn. Lesen, schreiben, rechnen war jetzt angesagt. Mein Lehrer, Herr Krömer, war ein netter Mann und es machte viel Spaß in die Schule zu gehen.
Inzwischen war ich "groß " geworden und hatte Aufgaben zu erfüllen. Damit die Wohnung immer warm wurde, musste ich in den Keller gehen und Kohlen holen. Eines Tages, es war kurz vor Weihnachten 1962, saßen über der Kohlenkiste hinter Draht sieben bunte Tauben.?!
Vater hatte die besorgt und Weizen geholt, dazu eine Schale mit Wasser gestellt. Die Tauben sollte ich jetzt gut füttern und immer frisches Wasser hinstellen damit sie schön dick und fett werden.
An Weihnachten sollten sie dann als Braten dienen....
Beeindruckt von der Schönheit der Tauben, sie hatten richtig dicke Nasen, pickten mir beim Füttern immer auf die Hand und waren richtig zahm. Es waren 4 Männchen und 3 Weibchen, die immer miteinander schmusten und schon bald hatten sie Nester im Stroh gebaut worin dann auch Eier lagen. In der Schule hatte ich gelernt, dass Vögel Eier legen, brüten und aus den Eiern Küken schlüpfen. Was soll bloß aus den Küken werden wenn die Eltern in der Küche liegen? Was tun?
Ganz einfach! Wunschzettel schreiben und Vater und Mutter bitten, die Tauben nicht aufzuessen. Gedacht gemacht und Wunschzettel rechtzeitig abgegeben.*
Das Fest rückte näher und schließlich war Heiligabend.*
Vater hatte den Baum besorgt und aufgestellt. Mutter musste ihn schmücken, Geschenke und Essen vorbereiten, sie hatte viel Arbeit und die Kinder störten. Also los, Vater und Kinder fahren zu Patenonkel Ernst und Tante Erna, dann zu Patenonkel Kurt und Tante Mia, die letzten hatten keine Kinder aber viele Geschenke.
Am Nachmittag, wieder Zuhause angekommen, roch es beim Öffnen der Haustür nach Braten !!!. Meine Stimmung sank auf einen Tiefpunkt und ich ging in den Keller um nach den Tauben zu sehen. Sie waren fort, nur die Eier lagen noch da, kalt.
Zurück in der Wohnung ging ich sofort in mein Zimmer, sehr traurig, und lenkte mich mit der Eisenbahn spielend von der großen Enttäuschung ab. Vater kam herein und sagte, das Essen ist fertig, komm zu Tisch. Mir graute vor diesem Moment, denn auch die Bescherung danach würde kaum Freude aufkommen lassen. Jedoch, ich musste kommen und ging.
Schön anzusehen war er ja der Küchentisch mit der feinen Decke, den Kerzen und dem guten Geschirr. Es wurde ernst, Tischgebet, Kartoffeln, Rotkohl und Soße, zum Schluss der Braten aus dem Ofen. Den Bratentopf auf den Tisch, den Deckel hoch und dann........
Eine Gans.... !!!
Zunächst etwas verwirrt, jedoch zufrieden, sah ich wie Vater schmunzelte und Mutter auftischte. Es wurde kräftig zugelangt und die Bäuche waren bald pappevoll. Was war aber mit den Tauben, sollte mein Wunsch in Erfüllung gehen? Nicht fragen, Hände waschen, Zähne putzen und Bescherung. Die Spannung vor der Stubentür war riesig und endlich klingelte das Glöckchen. Ein strahlender Baum und viele Pakete "Apfel, Nuss und Mandelkern" - alles wie immer. Kurz ein Gedicht aufgesagt und auspacken. Socken, Pullover, warme Winterschuhe und ein Häuschen mit Figuren für die Eisenbahn... toll, wie jedes Jahr.*
Doch was war das, ein Gutschein für eine Fahrt mit Vaters Moped auf dem Rücksitz am nächsten Tag?!?!
Naja, wenigstens etwas, was Spaß machen könnte. Etwas enttäuscht und bedrückt, in Gedanken bei den Tauben, ging es ins Bett.*
Am nächsten Morgen, in der Küche stand das Frühstück bereit und draußen hatte es geschneit. Keine Fahrt mit dem Moped, das war klar!! Vater schlug vor einen Spaziergang zu machen. Ich sollte mitkommen und die neuen Winterschuhe anziehen.
Los ging's in Richtung Badeanstalt, den Berg hoch und rein in den Gartenverein.
Aha, Frühschoppen bei Onkel Kunibert und Tante Edelgard, die hatten eine schöne Laube aus Stein mit Ofen. Doch was war das, kein Rauch, keine Tante und kein Onkel. Aha, Vereinsheim, Vater an die Theke, Sohn an den Kicker oder Billardtisch, ich kannte das schon... Wie immer waren schon Väter und Söhne da, Väter Bier und Korn, Söhne Brause oder Saft. Doch diesmal war es anders, Vater sprach mit dem Wirt und bat mich mit ihm zukommen. Er nahm mich an der Hand und wir gingen einige Meter weiter in einen Garten mit Laube. Vater hatte einen Schlüssel, Schloss auf und sagte zu mir, geh rein!
Ich ging und sah meine Tauben, in einem richtigen Taubenschlag über einem Hühnerstall mit 6 Hennen und 1 Hahn und daneben acht Kaninchenbuchten mit "blauen Wienern, Belgier Riesen" Böcke und Zippen. Wahnsinn dachte ich, frohes Fest sagte Vater. Füttern und ausmisten machst du sagte er, ich war glücklich, ein tolles Fest!!!!
Das war mein Start in ein langes Taubenzüchterleben!
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