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Alt 04.04.2021, 23:41
OOO OOO ist offline
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Standard Neues Sportkonzept zeigt richtige Ansätze

Hallo,
das erste Mal seit 5 Jahren poste ich hier mal wieder, denn zu meiner zugegeben grossen Überraschung: Es tut sich etwas im deutschen Taubensport.

Das auf der MV vorgestellte neue Konzept, zeigt aus meiner Sicht einige gute Ansätze und Ideen. Dafür kann man den Beteiligten nur danken.
Sehr gut finde ich die Idee die Organisation Überregionaler Flüge gänzlich unabhängig zu den RVen zu organisieren.
Wer will, könnte sich auch einfach auf die "Highlight" Flüge spezialisieren (was quasi Spezialisierung auf die Flüge 400-600 km bedeutet) und das Spielen in der RV zum "Warmmachen" nutzen.

Die geplante Stärkung der Eigenverantwortung der RVen hat sicher Vorteile, aber man sollte dabei nicht vergessen, Standards festzulegen, die es dem einzelnen Züchter hinterher in der Praxis auch garantiert ermöglichen diese "Programmwahl" auch wirklich nutzen zu können.

Nicht, dass sich die RVen irgendwann mit ihrem Flugprogramm in Konkurenz zum überregionalen Flugprogram stehend sehen und es demjenigen, der eben bewusst nicht jedes Wochenende RV spielen will/kann und der sich mehr den Highlightflügen verschreiben möchte, es unnötig schwer gemacht wird (eine Beteiligung der RVen am Erfolg der Highlightflüge, wie auch immer diese Ausehen könnte, mag hier hilfreich sein).

Umgekehrt kann dem Konzept folgend jeder einfach nur in seiner RV spielen und sich so auf die Flüge von 100 bis 300km spezialisieren. Diese Abkehr von der unsäglichen Zwangsvorgabe "Allround-Taube" des Verbandes wurde allerallerallerhöchste Zeit. Mal schauen ob da nicht noch einige der Mut verlässt.

Auch eine "Liberalisierung" des Jungtaubenspiels mag dem einen oder anderen Züchter eine attraktive Spezialisierungsmöglichkeit bieten.

Und jede Möglichkeit der Spezialisierung eröffnet dem Einzelzüchter die Perspektive in etwas richtig gut zu sein, ohne dafür auf allen Hochzeiten tanzen zu müssen (was im heute typischen RV Programm eben noch allzuoft notwendig ist).

Ebenfalls sehr gut empfinde ich den Gedanken mit den Umkreislisten für jeden Züchter bei einem Highlightflug. EDV technisch lässt sich das sicher gut umsetzen. Verständlich werden diese Listen für den Einzelnen aber wahrscheinlich eher kaum. Das wird der Preis sein, den man für diese Idee bezahlen wird. Und dennoch finde ich sie grundsätzlich gut.

Allerdings könnte das Konzept von Züchtern mit sehr großen Taubenzahlen "gekapert" werden, wenn andere im Konzept derzeit aber nur grob umrissene Punkte in der Form konkretisiert werden, wie es für mich ein wenig durchklang:

Es hörte sich für mich so an, dass es sein könnte die Umkreisliste nach Anzahl der Züchter "und / oder" der Anzahl der Tauben zu definieren. Überdies soll von As-Punkten auf Koeffizienten umgestellt werden.

Wenn man hier später bei der Ausarbeitung des Konzeptes nicht aufpasst, und es würde die Anzahl der Tauben eine solche Umkreisliste (mit)definieren können und nicht z.B. die geografische Ausdehnung (die wäre nämlich fix) oder nicht die Anzahl der Züchter im Umkreis (die könnte ein einzelner Züchter nicht selbst mitbeeinflussen), dann entstünde ein starkes Anreizsystem für übergroße Reisemannschaften bei besonders ambitionierten Züchtern. Denn damit schlägt dieser dann ja zwei Fliegen mit einer Klappe: die Anzahl der Mitkonkurenten in seiner Umgebungsliste müsste nicht mehr so groß sein und zudem würde es ihm auch noch mit besseren Koeffizienten gelohnt!

Wer jetzt sagt "aber was ist schlecht daran mehr Tauben im Wettbewerb zu haben", der sollte die Worte "im Wettbewerb" beachten: Die Tauben ein und des selben Züchters stehen eben NICHT im sportlichen Wettbewerb zu den Tauben dieses Züchters. Der Wettbewerb nimmt nicht durch die bloße Zunahme an gesetzten Tauben zu. Der Wettbewerb nimmt erst durch die Zunahme der Anzahl der teilnehmenden Züchter zu!

Und deshalb, damit das Ganze kein Schuß ins eigene Knie wird, in dessen Folge der Durchschnitts- oder Kleinzüchter sich von diesen Highlightflügen verabschiedet, muss es deutlich Anreizsysteme geben, die solche Entwicklungen verhindern.

Und hier liegt dann auch mein eigentlicher Kritik-Punkt am derzeitigen Konzeptvorschlag:
Überleben wird der Taubensport nicht durch eine hohe Anzahl von gereisten Tauben!
Überleben wird er nur, wenn es eine beständig große Anzahl an Züchtern gibt.
Auch die Reisekosten sind keineswegs stark abhängig von der Anzahl der transportierten Tauben, sondern im wesentlichen abhängig von der Anzahl und der Entfernung der veranstalteten Flüge. Und sie werden am Ende des Tages unter Anzahl der verbliebenen Züchtern aufgeteilt. Sprich auch hier: Es ist wichtiger, mehr Züchter, denn mehr Tauben auf einem Flug zu haben!

Doch Vorschläge, die sicherstellen, dass nicht die Größe der Reisemannschaft wesentlich auch über Erfolg oder Mißerfolg entscheiden, sind im Konzept bisher leider nicht gemacht worden.

Dabei ist es existenziell wichtig, dass zukünftig auch ein Züchter mit einem Kleinen oder Kleinstbestand realistische Chancen auf höchste Ehren hat (Stichworte: niedrige Einstiegshürden und zugelassene Taubenzahlen in Wohn und Mischwohngebieten). Sollte er hingegen bald merken, dass es strukturelle Vorteile für Züchter mit großen Reisemannschaften gibt, die er nicht durch Taubenqualität kompensieten kann, dann ist er wahrscheinlich nicht nachhaltig glücklich mit seinem neuen Hobby.

Mir ist klar, dass bewußt keine Konzepte über Meisterschaftsmodi vorgestellt wurden. Und das ist zunächst erstmal auch gut so, denn ja, Meisterschaftsmodi sichern nicht die Zukunft des Taubensports.
Aber durch sie gesetzte falsche Anreizsysteme können die Zukunft des Taubensports dennoch massiv behindern!

Somit halte ich ein klares Commitment zu dem Ziel, strukturelle Vorteile für große Reisemannschaften abzuschaffen, im Konzept für extrem wichtig! Wie auch immer und auf welchen Ebenen das später im Einzelnen auszugestalten ist. Ein solcher Leitsatz könnte z.B. mit in höhere Regelwerke (z B. die Verbandssatzung) aufgenommen werden.

Ohne Leitplanken könnte alleine schon der Schwenk von As-Punkten zu Koeffizienten für Anreizsysteme sorgen, die dem Taubensport auf Dauer nicht gut tun. Wer sich in Belgien bei dem einen oder anderen Meister und seinen Satzzahlen in Relation zum Wettbewerb umschaut, muss auch nicht erst eigene Erfahrungen hierzu machen, sondern kann direkt Vorsorge treffen.

In diesem Sinne:
Ein sehr guter erster Vorschlag, der da erarbeitet wurde. Aber er trägt auch genug Potential in sich, genau das Gegenteil des Gewollten zu bewirken, wenn man nicht aufpasst.

Schöne und gesunde Ostern allen
Meinolf

PS: dass die Weitstrecke nicht berücksichtigt wurde, ist zwar traurig, aber eigentlich auch nicht so wichtig, denn die organisiert sich eh schon länger ohne den Verband.

Geändert von OOO (04.04.2021 um 23:51 Uhr)
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