Hallo Franz-Josef,
ich bin durch meinen Vater so geprägt worden, genau auf all diese äusserlichen Dinge zu achten, die du beschreibst. Besonders in vielen älteren Taubenbüchern (wie z.B. von Leon Petit, einem sehr erfolgreichen Spieler in Belgien und dazu sehr beliebten Autor) wird all dies breit erläutert und darauf hingewiesen. Und ich freue mich auch heute noch, wenn ich diese Ideale an einer Taube beim "in die Hand nehmen" wiederfinde. Es macht mich einfach zufriedener mit der Taube.
Mein Vater hatte in grob 40 Jahren Züchterlaufbahn immer sehr viel Freude an seinen Tauben, doch der Erfolg war eher unterdurchschnittlich. Dann kam der 458. Der Vogel flog in wenigen Jahren mehr Spitze zusammen (inkl. 1. Konkurs), als der Rest seines Bestandes insgesamt in den Jahren zuvor. Doch dieser Vogel war eher klein, hager und hatte einen schwachen Rücken. Dann der 235, zwar guter Rücken, aber nicht rund, vier Jahre lang Schlagbester mit viel Spitze (sitzt heute bei mir in der Zucht)
Und den 239 nicht zu vergessen, 3.bester Vogel der RV, einige Spitzenpreise. Kleiner Körper aber in Relation dazu ein zu großer Flügel. Sprich, ab dem Zeitpunkt, ab dem auch Tauben, die äußerlich nicht perfekt waren, aber vital, intelligent und auf der Jungtour erfolgversprechend rüberkamen, eine Chance bekamen, ging es bergauf, so unglaubhaft das klingen mag!
Als ich 2006 wieder anfing, ging ich auf die Stellermann-Totalversteigerung. Gar nicht so sehr, um Tauben zu kaufen. Nein, ich wollte diese Chance nutzen, unter den zig AS-Tauben und Kindern/Geschwistern von AS-Tauben Gemeinsamkeiten zu erkennen. Tolles Gefieder, tolle Ausstrahlung, vitaler Eindruck, all das habe ich gefunden. Aber einen körperlich einheitlichen Typ? Nein, wobei es natürlich sein kann, dass ich dazu einfach zu ungeübt bin.
2008 zog ich dann aus einem Weibchen vier Junge, davon waren zwei so grottenhäßlich, dass auch ich mich hingerissen sah, diese Jungen recht bald zu selektieren. Die beiden anderen, nicht viel schöneren ließ ich. Beide sind heute noch keine Schönheiten, und stellen z.B. den Schwanz breit auf, wann immer es ihnen in der Hand beliebt. Doch beide fliegen sehr gut. Die 550 war sogar 2008 mit Abstand mein bestes Jungtier und in diesem Jahr wiederum unter meinen vier besten Jährigen und ihr Sohn (ja ich habe tatsächlich aus dieser körperlich unschönen Taube Junge gezogen), der 608 (körperlich übrigens sehr schön, obwohl es die Mutter eben nicht ist) fliegt auf den letzten 3 Jungtouren (jeweils anderer Wind!) und einem freiem Wettflug 4 Preise mit über 365 As-Punkten.
Ich habe mir mit der Zeit das Schauen auf die körperlichen Äußerlichkeiten abgewöhnt. Auf die Vitalität, Gesundheit und Wachsamkeit signalisierenden Äußerlichkeiten schaue ich auch heute noch, keine Frage.
Ich finde es auch OK, wenn man Tauben habe möchte, die einem auch körperlich in allen Punkten gefallen. Auch mir bereitet es Freude, eine körperlich schöne Taube in Händen zu halten. Doch mittlerweile ist auch die 550 für mich eine Schönheit geworden, und zwar aufgrund ihrer Ergebnisse auf der Reise und auch bereits in der Zucht. Natürlich habe ich auch noch nichts wirklich Hohes im Taubensport erreicht, und werde es ev. aufgrund dieser Verfahrensweise auch nie (ich werde es ja sehen), aber egal, mein Motto ist heute:
"Form follows function".
Grüße
Meinolf
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