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Alt 28.12.2022, 07:01
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Mime Mime ist offline
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Guten Morgen!

Es gibt bekanntlich immer wieder einige "Moderassenn", die dann über einen relativ kurzen Zeitraum für viel zu viel Geld verkauft und gekauft werden und dann wieder verschwinden.
Andererseits gibt es Linien, die sich über Jahre und Jahrzehnte erfolgreich halten, weil in dieser Linie sehr gute Vererber steckten, die einfach "durch vererbten" und immer wieder herausragende Tauben brachten.

Wenn eine solche neue "Moderasse" zumindest in Teilen auf diese alten Vererber zurückzuverfolgen ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass sich die Qualität der Nachzucht hält und auch immer mal wieder durchsetzt. Das ist jedenfalls meine Meinung. Dann kann man es auch mal mit solchen Tauben versuchen, wenn man meint, dass sie einen weiterbringen.

Ansonsten scheint es mir am Sinnvollsten Tiere direkt aus Leistungstauben in der Zucht zu probieren, die noch auf die "alten Vererber" zurückgehen.

Ein Beispiel: wenn jemand eine herausragende Taube hat, die man abstammungsmäßig zurückverfolgen kann auf z.b. den Kannibaal und den Bourges von Dirk vand Dyck oder die man zürückverfolgen kann auf die alten Koopman-Vererber (die man wiederum zurückverfolgen kann auf die alten Janssen-Vererber) oder andere, sehr bekannte und erfolgreiche Linien, dann macht es sicher Sinn aus solchen Tauben zu züchten und auch die Nachzucht züchterisch zu testen. Meistens kommt mit etwas Glück wieder was Gutes raus.

Dann kommt einfach am Ende aber auch der Punkt an dem heute züchterisch vieles scheitert: die Tauben in Deutschland werden gar nicht mehr gefordert und auf bestimmte Qualitäten ausgelesen. Ein 500 KM-Flug ist vielen Züchtern heute schon zu weit und möglichweise zu schwer. Einen 600er versuchen selbst die sogenannten Spitzenschläge möglichst ganz zu vermeiden. An noch weitere Flüge will man sich gar nicht heran trauen. Weil diese Flüge für die Taubenqualität, die auf diesen Schlägen sitzt, nicht berechenbar sind.

Wenn wir züchterisch vernünftig arbeiten wollen, dann müssen wir Tauben auch wieder fordern und dann müssen entsprechende Flüge über 500 oder 600 oder vielleicht mal annähernd 700 Km oder darüber ins Programm. Tauben, die diese Flüge auch erfolgreich bewältigen können, sind mit einer viel höheren Wahrscheinlichkeit auch Tauben, die später in der Zucht gut weiter vererben. Und wenn ich solche Tauben durch die Flugprogramme ausgelesen habe, dann brauche ich auch nicht ständig neue oder andere Tiere sondern kann mit ihnen züchterisch arbeiten. In Inzucht, in Linienzucht, manchmal natürlich auch in Kreuzung.

Dieses ewige Kaufen, Verkaufen, züchtern, probieren, wegwerfen der Tauben (mehr ist es ja nicht mehr) resultiert doch auch daraus, dass wir anhand unsererer Reiseprogramme gar keine echte Auslese mehr treffen können. Und hier kommt dann noch ein anderer Punkt hinzu: Tauben, die auf anspruchsvollen Reiseprogrammen ihr Können gezeigt haben, sind auch fast immer Tauben, die körperlich wenige Mängel oder gar keine Mängel aufzeigen und mit denen man auch züchterisch dann super arbeiten kann. Auf den kürzeren Flügen wie sie heute auf gewünscht und durchgeführt werden, kann auch eine körperlich mangelhafte Taube bei entsprechender Vorbereitung durch den Züchter immer wieder glänzen. Aber in der Zucht später fällt man mit diesen Tauben dann fast regelmäßig auf die Nase - egal was sie geflogen haben.

Wir sind in Deutschland was das Wettflugprogramm und die Zucht angeht auf einem komplett falschen Weg. Er wird sich aber nur schwer ändern lassen, weil Sportfreunde, die an genau diesem System gut verdienen und die in genau dem aktuellen, relativ anspruchslosen System erfolgreich sind und dafür sorgen, dass alles so bleibt wie es ist oder dass es noch weniger anspruchsvoll wird. Es wird der Tag kommen wo man hört, dass schon ein 500er doch viel zu schwert sei....

Viele Grüße,
Sascha
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Geändert von Mime (28.12.2022 um 07:07 Uhr)
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