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  #1  
Alt 03.08.2022, 23:17
OOO OOO ist offline
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Standard Narbonne 2022 und notwendige Konsequenzen

Hallo,
es ist ein zweischneidiges Schwert, über schlecht verlaufene Flüge einen öffentlichen Diskurs zu führen. Der diesjährige Flug ab Narbonne wird jedoch bereits rege öffentlich diskutiert und die Statements des KBDB hierzu machen es notwendig, mit in die Diskussion einzusteigen, um derartige Desaster in Zukunft zu verhindern.


Für alle, die nicht im Thema sind hier zunächst die Ausgangslage:
Für den Auflasstag waren für Südwest Frankreich dichte Bewölkung mit Regen und tw. Gewittern gemeldet und für den Folgetag störungsfreies Wetter. Genauso kam es dann auch. Zum Zeitpunkt des Auflasses war es am Auflassort (direkt an der Küste gelegen) nahezu bedeckt, es gab starke, ablandige Winde und bereits wenige Kilometer landeinwärts entfernt regnete es für jeden erkennbar. Ein ausgedehntes Regenband mit Gewitterpotential zog in Richtung Küste. Das Originalposting zum Auflass des Veranstalters inkl. Video kann ich leider nicht mehr finden, aber man kann es sich (noch?) bei PIPA anschauen. Ich hänge daher mal 3 Screenshots an, die das Gesagte verdeutlichen.


Da dieser Auflass fraglos so eindeutig schlecht war, ist es wichtig zu verstehen, warum so etwas geschieht. Zudem sind leider in den letzten Jahren mehrfach nicht nachvollziehbare Auflassentscheidungen bei Weitstreckenflügen durch Belgische Veranstalter zu beobachten gewesen.


Es scheint mir daher ein systemisches Problem vorzuliegen!


Die Statements, die der KBDB zu diesem Flug veröffentlicht hat (siehe hier unter Nieuws), deuten das eigentliche Problem an (auch wenn der KBDB es tragischer Weise selbst augenscheinlich noch nicht identifiziert hat).


Die KBDB Meldung vom 2.8.2022 hier einmal durch den Deepl-Übersetzer gejagt:
"02-08-2022 Mitteilung über den Wettbewerb von Narbonne vom 29/07/2022

Gestern, am 08.01.2022, fand eine Videokonferenz zwischen dem Organisator des Rennens aus Narbonne, den ausländischen Partnern (internationale Organisatoren), den Präsidenten der teilnehmenden ausländischen Verbände und dem nationalen Vorstand und der Leitung des KBDB statt.

Es stellte sich heraus, dass der Veranstalter, Indépendante de Liège, die betroffenen internationalen Partner am Freitagmorgen gegen 06.00 Uhr kontaktierte. Die Mitglieder aus Frankreich (LCIF) und den Niederlanden (ZLU) hatten sich zunächst darauf geeinigt, so früh wie möglich freizugeben, sofern die Wetterbedingungen dies noch zuließen (Gewitterwahrscheinlichkeit in der Nähe des Freisetzungsortes Narbonne gegen 7 Uhr morgens vorausgesagt). Der deutsche Mitorganisator hatte seine Vorbehalte gegen die Freigabe am Freitag, aber er hat sich der Mehrheit der Stimmen angeschlossen. Der ZLU-Präsident war jedoch überrascht, dass er zwischen dem ersten Kontakt um 06.00 Uhr und der endgültigen Freigabe um 07.20 Uhr keine weiteren Informationen vom Veranstalter "Indépendante de Liège" erhalten hatte. Er erfuhr erst gegen 07.30 Uhr, dass die Tauben um 07.20 Uhr freigelassen wurden, obwohl er auf eine frühestmögliche Freilassung bestanden hatte, und wurde somit vor vollendete Tatsachen gestellt. Dies zeigt deutlich die mangelhafte Kommunikation des Veranstalters mit den ausländischen Partnern.

Für den Veranstalter Indépendante de Liège wurde die Freigabe am Freitag vorgezogen, da die Wettervorhersage für Samstag und Sonntag (30. und 31.07.2022) aufgrund eines angekündigten Mistralwindes schwieriger sein würde, so Frau Lageot.

Der KBDB möchte jedoch klarstellen, dass der Veranstalter, Indépendante de Liège, den Artikel 52 der NSR nicht eingehalten hat. Der Vorsitzende des nationalen Sportausschusses wurde um 07.23 Uhr per E-Mail darüber informiert, dass die Tauben um 07.20 Uhr freigelassen wurden.

Ein Gewitter auf den ersten Kilometern nach dem Start, die warmen Temperaturen und ein leichter Gegenwind haben dazu beigetragen, dass dieser Wettflug von Narbonne so schlecht verlaufen ist, sehr zum Ärger der vielen teilnehmenden Züchter, die alles tun, um ihre Tauben perfekt auf den Wettflug vorzubereiten.

Die endgültige Verantwortung liegt beim Veranstalter, Indépendante de Liège, ABER bis jetzt konnte niemand erklären, warum der Veranstalter die Tauben am Freitag um 7.20 Uhr unter diesen Umständen freigelassen hat.

Mit freundlichen Grüßen.
Im Namen der Mitglieder des NRBB,
Der nationale Vorsitzende,

Pascal Bodengien."


Es verstört mich geradezu , das die Antwort auf die Frage, die am Ende dieses Statements gestellt wird (siehe roter Text), dem KBDB nicht bereits klar ist.


Weil das Prozedere, das hier zur Auflassentscheidung führte, individuelle Fehleinschätzungen und Fehler nicht ausreichend abfängt und es menschliche Eigenarten (z.B. "Overconfidence" und verzerrte Risikowahrnehmung, durch falschen Bias) zu wenig berücksichtigt, ja geradezu begünstigt, passieren solche Auflässe!


Es wird nichts nutzen zu diskutieren, welche Person hier Fehler gemacht hat, oder wer mit wem wann nicht gesprochen hat (so wie es hier in den violett, grün und blau gekennzeichneten Textpassagen jedoch passiert). Solch eine Aufarbeitung führt meist zu nichts und ist der falsche Denkansatz.




Durch die Suche nach Schuldigen entsteht keine Verbesserung der Situation, da die Ursache eben nicht menschliche Unzulänglichkeiten sind, sondern dass diesen nichts Ausreichendes entgegen gesetzt wird. Unzulänglichkeiten betreffen nämlich jeden Menschen. Wir sind alle nicht perfekt! Und solche Unzulänglichkeit lassen sich auch nicht durch Entscheidungshierachien verhindern, wie ev. durch den genannten Artikel 52 der NSR suggeriert wird. Denn warum sollte z.B. ein Vorsitzender des Sportausschusses bessere Entscheidungen treffen, als die, die sich zuvor ausgiebig mit der Materie beschäftigt haben? Er ist nämlich auch nur Mensch. Und wenn er keine Entscheidung treffen soll/kann/darf nützt auch die in diesem Artikel geforderte Informationspflicht an ihn nichts.



Die Ursache ist, dass den typisch menschlichen Unzulänglichkeiten im Entscheidungsprozess zum Auflass hier keine Rechnung getragen wurde und wird.

Eine gute Auflassentscheidung ist das Ergebnis einer guten Auflass-Prozedur, die nicht so sehr geprägt sein sollte durch individuelle Meinungen und Einschätzung oder gar auf Gefühl setzt, sondern die auf objektiven Informationen, validen/bewährten Prozeduren und Protokollen basiert, welche dann durch geschulte und erfahrene Personen IMMER und VERPFLICHTEND abzuarbeiten und zu dokumentieren sind. Und so eine Prozedur fehlt hier!

Denn nur damit ist der "Faktor Mensch" zu kontrollieren. Das zeigen Erfahrungen aus vielen anderen Gebieten, in denen Menschen sicherheitsrelevante Entscheidungen zu treffen haben. Und im Taubensport geht es bei Auflassentscheidungen um die Sicherheit der Tauben.


Es gibt zudem neben individuell zu bewertenden Risikofaktoren auch bewiesene, eindeutige Show-Stopper für einen Auflass (wie z.B. ein ausgedehntes Regenband mit Gewitterpotential, das sich auflassnah in Flugrichtung der Tauben befindet). Und diese brauchen auch wirklich nicht mehr individuell bei jedem Auflass neu bewertet oder ausgetestet werden. Und dabei ist es auch völlig egal, wie das Wetter für den nächsten Tag einzuschätzen sein mag. Das Wetter wird sowieso immer erst am jeweiligen Tag des Auflasses "gemacht" und eine Vorhersage für den nächsten Tag ist eben nur eine Vorhersage.


Manchmal ist es wichtig, dass solche Entscheidungsprioritäten Entscheidern z.B. in Form einer Checkliste, die abzuarbeiten ist, noch einmal vor Augen geführt werden, damit sie auch wirklich bei ihrer Entscheidung berücksichtigt werden, da Menschen unter Stress eben zu Fehlern neigen.


Dadurch kann dann beispielsweise verhindert werden, dass ein durch frische Erfahrungen erzeugtes Unbehangen gegenüber Gegenwind (Mistral, wie beim Barcelona und Marseille Flug diesen Jahres), welches sich daher viel stärker anfühlt (typisch Mensch), als die Gefahr, die von einem solchen Regenband ausgeht, falsch bewertet wird, der Fokus verloren geht und es schließlich zu einer solch fatalen Fehlentscheidung kommt.


Ich bin mir sicher, dass sich in den drei großen Verbänden (KBDB, NPO und DV) kluge und erfahrene Personen finden lassen, die eine solche Prozedur für Auflassentscheidungen für internationale Weitstreckenflüge erarbeiten können. Eine solche vordefinierte Auflass-Prozedur sollte dann zukünftig für ALLE belgischen Veranstalter von derartigen Weitstreckenflügen verpflichtend sein.


Ich finde dies sind angesichts der Missstände, die hier zu Tage getreten sind, wichtige Anforderungen, für deren Umsetzung sich die Vertreter der deutschen Züchter beim KBDB und den belgischen Veranstaltern unbedingt einsetzen sollten.


Denn solche Zustände (das Wort "Umstände" wäre hier tatsächlich zu mild), wie sie hier deutlich wurden, dürfen einfach nicht weiter bestehen!


Allen Gut Flug für den Rest der Saison.
Meinolf
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Geändert von OOO (03.08.2022 um 23:44 Uhr)
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  #2  
Alt 04.08.2022, 06:48
Reuler Reuler ist offline
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Hallo!




Die Verantwortlichen für diesen Auflaß, wußten offensichtlich nicht, das Gewitterluft,
oder auch atmosphärische Störungen, in der Regel für einen schlechten Flugverlauf sorgen.


Man könnte auch sagen, der Narbonneauflaß wurde "Anfängern" überlassen!


Gut Flug Reuler
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  #3  
Alt 04.08.2022, 09:51
Benutzerbild von Alfred Weber
Alfred Weber Alfred Weber ist offline
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Hallo Sportfreunde,

ich kann mich den Worten von Reuler nur anschließen.

Seit ich Tauben reise, fürchte ich Gewitterzonen die irgendwo auf der Flugstrecke liegen am allermeisten.
Genau bei solchen Flügen haben gerade die besseren Tauben Probleme mit der Preisliste.
Da kommt alles was sich ansonsten nicht in der Spitze der Preisliste sehen läßt und viele viel gute und sehr gute Tauben habe ich bei solchen Wetterlagen schon verloren.

Meine Meinung...gerade die beständigen Spitzentauben müßen einen sehr guten Kompaß haben, sonst wären sie nicht immer wieder an der Spitze in den Preislisten zu finden und ich denke das gerade diese Spitzentauben sehr feinfühlig und sensibel in ihrem Empfangsradar sind und deshalb bei solchen Flügen sehr oft größere Probleme haben als die Durchschnittstaube bzw. die eher nicht sooo gute Taube.

Genau an solchen Tagen mit hoher Gewitterneigung auf der Heimatstrecke...sehe ich leider immer wieder Auflaßentscheidungen von Flugleitern die sehr fragwürdig sind.

Taubengruß
Alfred Weber
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  #4  
Alt 04.08.2022, 12:54
OOO OOO ist offline
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Standard Es braucht eine gute Auflass-Prozedur!

Hallo,
wie gesagt: Es hilft wenig, z.B. die Entscheider hier als "Anfänger" zu titulieren und zu denken, durch Abberufung dieser Person(en) das Problem nachhaltig lösen zu können. Natürlich war die Auflassentscheidung der betreffenden Person(en) katastrophal falsch.

Aber das wird so immer wieder passieren. Diesmal haben sie die Gewitterstörung nicht ausreichend in der Entscheidung berücksichtigt, beim nächsten Mal wird es ev. etwas anderes sein. Auflassentscheidungen sind ja leider sehr oft nicht einfach. Das ideale, störungsfreie "Taubenwetter" gibt es doch kaum. Und je länger die zu überfliegende Strecke ist, desto weniger wird es hier einfache Wetterlagen geben. Damit ist das auf der Weitstrecke noch einmal eine verschäfte Problematik.
Bei der Auflassentscheidung ist es also geradezu typisch/normal in einem Dickicht von sich teils widersprechenden Argumenten und Optionen die für die beste Entscheidung wichtigen Argumente und Optionen herauszufiltern. Es gibt hier sehr selten glasklare und konfliktfreie Konstellationen.

Obwohl die Mitteilung des KBDB relativ kurz ist, lässt sie sogar einen Einblick in genau so einen hier stattgefundenen Entscheidungskonflikt zu:
Zum einen war da die für den 29.7. in Auflassnähe angekündigte Gewitterstörung, zum anderen war da die Perspektive, dass am 30. und 31. über Frankreich starker Gegenwind herrschen könnte.

Da die beiden Flüge zuvor (Barcelona und Marseille) durch starken Gegenwind geprägt waren und entsprechend schwer waren, wurde die Entscheidung wohl unter diesem frischen Eindruck getroffen (da sagt das emotionale Gehirn des Entscheiders: "Hilfe, nicht schon wieder Gegenwind!"). Und so wurde die Gefahr der Gewitterstörung als nicht mindestens gleichwertig hoch empfunden. Hier macht uns als Mensch halt das Gehirn einen Strich durch die Rechnung. Wir glauben zwar rational zu entscheiden, aber in Wahrheit werden dann objektive Fakten zu wenig berücksichtigt, wenn die Empfindungen stark in eine andere Richtung tendieren.

ALLE Menschen treffen gerade dann oft emotionsbasierte und weniger faktenbasierte Entscheidungen, wenn sie im Falle eines Konfliktes zwischen zwei Entscheidungsoptionen keine klaren Entscheidungskriterien zur Verfügung haben.

Sie sind mit einer sich stellenden Problemsituation insbesondere dann überfordert, wenn diese sich noch nicht in ihrem persönlichen Erfahrungsfundus befindet.

Also:
Erfahrung hilft natürlich, jedoch auch Erfahrene und auch Personen mit höherer Stellung (für die ja meist erfahrenere Personen gewählt werden) sind für Fehlentscheidungen anfällig. Es können sogar gerade wegen des größeren Erfahrungsschatzes besondere Risiken von so einer Person ausgehen. Stichwort "Overconfidence". Hierbei traut sich der erfahrene Entscheider plötzlich auch zu, unkalkulierbare Risiken kalkulieren zu können ("Es hät schon immer jot jejange").

Üblicherweise versucht man in Bereichen, wo durch Menschen solche kritischen Entscheidungen zu treffen sind, diese Entscheidungen eben nicht mehr nur wenigen Individuen zu überlassen. Im Gesundheitswesen finden sich dazu genug Beispiele. Für viele Krankheiten haben sehr viele, sehr erfahrene Fachleute (Wissenschaftler und Ärzte) ihr Wissen zusammengetragen und ergänzen dies immer wieder um den aktuellen Stand der Forschung, um daraus verbindliche Leitlinien für die Diagnostik und Behandlung der betreffenden Krankheiten abzuleiten.

Damit spiegeln diese Leitlinien nicht nur die Erfahrungen weniger Ärzte wieder, sondern sehr vieler absoluter Fachleute, und es werden zudem objektive Fakten (z.B. ob die eine oder andere Erfahrung sich statistisch evident belegen lässt) mit in die Bewertung und Entscheidungsfindung mit einbezogen. Am Ende sind ALLE Ärzte (auch wenn die noch so erfahren und hoch dekoriert sind) dazu verpflichtet diesen Leitlinien bei ihren Entscheidungen zu folgen.

Für den Weg zur Auflass-Entscheidung solcher Weitstreckenflüge gibt es offensichtlich kein vordefiniertes Prozedere, welches wichtige (Mindest-)Standards vorschreibt.

Das könnte grob z.B. so etwas beinhalten:

- zwingend nachzuweisende Grundkenntnisse über die Nutzung von Internetbasierten Wetter-Informationen und zwingender Nachweis von Grundkenntnissen über die Durchführung von Auflässen ALLER in die Auflassentscheidung involvierten Personen
- zwingende Nutzung von Regenradarkarten, aber auch von Wettersimulationskarten, die die Wolkenhöhe, die Luftfeuchte, die Sichtweiten, die Temperatur und den Wind gut aufgelöst und aktuell darstellen.
- wichtige Entscheidungsgrundsätze und Showstopper, über die man sich NIE hinwegsetzen darf (egal, was sonst noch alles an Argumenten auf dem Tisch liegt)
- explizite Nennung wichtiger, zu beachtender Risikofaktoren in Form einer Checkliste, die bei einer Entscheidungsfindung zu beachten und ggf. situative zu bewerten sind.
- zwingend zu erstellende Dokumentation, die belegt, dass diese geforderten Mindeststandards auch wirklich bei der Entscheidungsfindung eingehalten wurden (z.B. durch Screenshots der gesichteten Wettersimulationskarten oder durch Serverprotokolle, wenn es gemeinsam genutzte, zentral bereitgestellte Dienste sind).
- Zwingende Nennung der identifizierten Risikofaktoren und Begründung der schließlich getroffenen Entscheidung (damit später Anhaltspunkte für Verbesserungen existieren).
...
dieses Beispiel erhebt bei weitem noch keinen Anspruch auf Vollständigkeit.


Es geht hier nicht nur um "gute" und "schlechte" Auflass-Entscheidende. Es geht hier um die grundlegende Herangehensweise. Und die ist hier das aktuell Hauptproblem!

Grüße
Meinolf
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Geändert von OOO (04.08.2022 um 13:16 Uhr)
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  #5  
Alt 04.08.2022, 13:34
OOO OOO ist offline
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Standard und noch ein offenkundiges Problem: Verantwortung

Hallo,
und dann wurde hier noch ein weiteres Problem sehr offenkundig:
Wer trägt eigentlich Verantwortung für was und wer steht hinterher dazu und seinem Anteil an solchen Entscheidungen!


Das Statement des KBDB Vorsitzenden "Die endgültige Verantwortung liegt beim Veranstalter, Indépendante de Liège" macht dies mehr als deutlich und liegt so dramatisch daneben, dass auch dieses Problem unbedingt zu adressieren und zu lösen ist.


Wer eine Entscheidung trifft, dem muss auch die Verantwortung für diese Entscheidung zugetraut und zugemutet werden.

Diese zwei Aspekte gehören untrennbar zusammen.



Die logische Konsequenz: Wenn also hier mehrere Personen (augenscheinlich aus den jeweiligen Verbänden je eine Person und ggf. noch der Sportdirektor des KBDB) über die Auflassentscheidung beraten und damit in diese involviert sind, sind sie auch ALLE, jeder einzelne, mitverantwortlich.

Fühlt sich jedoch hinterher jemand von diesen dann doch nicht verantwortlich, dann wird er auch bei der Entscheidungsfindung zuvor nicht benötigt und sollte erst gar nicht im Entscheidungsprozeß auftauchen (eine beratende Funktion muss ja nicht unbedingt bedeuten, dass man am Entscheidungsprozess beteiligt wird).
Wie gesagt: Entscheidungsgewalt und Verantwortung gehören untrennbar zusammen. Wer mitentscheidet trägt auch die Verantwortung und sollte sich daher schon nicht überstimmen lassen, sondern, wenn nötig eben quer stellen (wenn man anderer Meinung ist, muss man dann eben mal in den Konflikt gehen, ansonsten trägt man die Meinung der anderen mit und ist dadurch auch ebenso mitverantwortlich).

Jedes andere Konstrukt kann nur zu Problemen bei der Entscheidungsfindung führen, da ev. Beteiligte denken könnten "Ich bin jetzt für diese Entscheidung nicht verantwortlich. Deshalb kann ich mit einer aus meiner Sicht schlechten Entscheidung leben, aber ich hab's ja gesagt".


Ich hoffe es wird durch obigen Gedankengang deutlich: Mehrheitsentscheidungen bei Auflassentscheidungen machen keinen Sinn!

Falls es schwierig wird in so einer Gruppe von Entscheidern zu einer einheitlichen Entscheidung zu gelangen mag das folgende Gründe haben:
Entweder gibt es zu viele potentielle Entscheider, wenn man die Gefahr sieht, sich oft nicht auf eine einstimmige Entscheidung einigen zu können. Dann sollte man das Team reduzieren, aber nicht die Verantwortung des Einzelnen dadurch verwässern, dass man per Mehrheit entscheidet.
Oder aber es existiert eben genau wegen einer komplizierten Entscheidungslage ein unauflösbarer Entscheidungskonflikt. Und genau deshalb muss dann die Entscheidung auch konsequenter Weise lauten: Nicht auflassen.




Grüße
Meinolf
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Geändert von OOO (04.08.2022 um 18:27 Uhr)
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  #6  
Alt 04.08.2022, 18:35
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Standard ein sehr fachlicher Bericht von Meinholf

Hallo Meinholf,

was Du da uns Normalos schreibst...ist für viele in unserem Sport, auch für mich, sehr schwer verständlich und erst recht nicht mit den allermeisten im Brieftaubensport durchführbar.
Das dazu auch nicht einmal ein Großteil im KBDB und nicht nur dort, die Qualifikation hat die für Deine sicherlich richtige Ansicht, das zeigt wie schwierig Taubenauflässe in der heutigen Zeit sind und das ganze wird in der Zukunft sicherlich nicht besser oder leichter werden für unsere Flugleiter und verantwortlichen Personen und letzt endlich müssen unsere Tauben das ausbaden.

Es ist natürlich genau so wie Du schreibst...je länger die Flüge, desto schwieriger wird die gesamte Vorbereitung auf den Schlägen für die Züchter und natürlich noch schwieriger für die Flugleiter die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Darum auch seit Jahren mein Appel...die Flüge kürzer und damit überschaubarer zu machen und damit im Sinne unserer Tauben zu handeln.

Was aber hört man von den Wortführeren in unseren Vorstandsetagen...je weiter umso ehrlicher ist Taubensport...auch wenn es auf Kosten unserer Tauben geht und niemand scheert sich einen Dreck darum, wenn die Tauben entkräftet dehydriert auf Wiesen, Feldern, Städten und Dörfern als lebende Tote herumlaufen und von Bewohnern aufgelesen werden und sich der Tierschutz immer mehr gegen unser Hobby stemmt....
wir aber daraus nicht lernen wollen.

Taubengruß
Alfred Weber
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  #7  
Alt 04.08.2022, 21:28
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Zitat:
Zitat von Alfred Weber Beitrag anzeigen
Hallo Meinholf,

was Du da uns Normalos schreibst...ist für viele in unserem Sport, auch für mich, sehr schwer verständlich und erst recht nicht mit den allermeisten im Brieftaubensport durchführbar.
Das dazu auch nicht einmal ein Großteil im KBDB und nicht nur dort, die Qualifikation hat die für Deine sicherlich richtige Ansicht, das zeigt wie schwierig Taubenauflässe in der heutigen Zeit sind und das ganze wird in der Zukunft sicherlich nicht besser oder leichter werden für unsere Flugleiter und verantwortlichen Personen und letzt endlich müssen unsere Tauben das ausbaden.

Es ist natürlich genau so wie Du schreibst...je länger die Flüge, desto schwieriger wird die gesamte Vorbereitung auf den Schlägen für die Züchter und natürlich noch schwieriger für die Flugleiter die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Darum auch seit Jahren mein Appel...die Flüge kürzer und damit überschaubarer zu machen und damit im Sinne unserer Tauben zu handeln.

Was aber hört man von den Wortführeren in unseren Vorstandsetagen...je weiter umso ehrlicher ist Taubensport...auch wenn es auf Kosten unserer Tauben geht und niemand scheert sich einen Dreck darum, wenn die Tauben entkräftet dehydriert auf Wiesen, Feldern, Städten und Dörfern als lebende Tote herumlaufen und von Bewohnern aufgelesen werden und sich der Tierschutz immer mehr gegen unser Hobby stemmt....
wir aber daraus nicht lernen wollen.

Taubengruß
Alfred Weber
Hallo Alfred,
ich will da nix schön reden, habe heute mit einem Freund der im Emsland wohnt Telefoniert und da sagte er mir so beiläufig von seinen drei gesetzten auf Narbonne, hat er heute Morgen den letzten bekommen. Wir sprechen hier von Weitstreckentauben die einiges abkönnen, aber wie im gesamten aktiven Brieftaubenwesen nicht alle.

Ps. In über 60 Jahren Taubenhaltung sind mir, wenn überhaupt, könnte ich die an einer Hand abzählen, Weitstreckentauben zugeflogen.
Wie kommt das aber unzählige Programmtauben.
M.f.G. Achim
__________________


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http://zuchtschlagfigoreynaertbosua.jimdo.com

Zum Reichtum führen viele Wege. Und die meisten sind Schmutzig" Marcus Tullius Cicero ( 106-43 v. Chr).
" Die Strafe zähmt den Menschen, macht ihn aber nicht besser" Friedrich Wilhelm Nietzsche
(1844-1900), deutscher Philosoph.

Journal Impact Factor (JIF
Gebildet ist,
wer weiß,
wo er findet,
was er nicht weiß.













Geändert von haluter (04.08.2022 um 21:34 Uhr)
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  #8  
Alt 05.08.2022, 09:39
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Mime Mime ist offline
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Hallo Meinolf!

Man muss es wirklich nicht komplizierter machen als es ist. Beim Auflass Narbonne haben die Verantwortlichen sich wieder einmal überschätzt. Das kommt auch bei Menschen vor, die mit eigentlich rund um die Auflässe alles wissen und können.

Man hat dort gedacht, dass die Tauben vor der heraufziehenden Front noch durch kommen und alles andere ausgeblendet. Die Filme und Fotos vom Auflass zeigen selbst einem Laien, dass das alles blanke Idiotie war. So ahnungslos kann man gar nicht sein, als dass man das nicht sieht. Aber man hat sich dort selbst überschätzt nach dem Motto "Wie kriegen das schon hin" und nicht mehr daran gedacht, dass da Lebewesen gestartet wurden, die nicht ticken wie wir Menschen.

Sowas kommt immer mal vor und wird auch nicht zu verhindern sein, denn das sind persönliche Fehler, die nicht aufgrund von mangelndem Wissen oder Können geschehen, sondern aufgrund von Selbstüberschätzung und Hybris.

Ergänzend möchte ich aber sagen: es wird sich heutzutage bei den Auflässen viel zu sehr auf die Technik und das Internet verlassen. Der 04.06. dieses Jahr auf der Südostrichtung ist vielen noch in sehr schlechter Erinnerung. Da wurden v.a. große Fehler gemacht, weil man sich auf Wetterkarten und Webcams verlassen hat statt die Strecke bei Fachleuten kleinteilig abzutelefonieren. Auch da war es wieder eine völlige Fehleinschätzung und Selbstüberschätzung. Es mangelte nicht an Wissen oder Können.

Gruß Sascha
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  #9  
Alt 05.08.2022, 15:14
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Hallo ,
Selbstüberschätzung find ich in dem Zusammenhang ,zumindest komisch .
Sicher kann man noch jede Menge Beschimpfungen finden , nur das ändert garnichts für die Zukunft . Klar wird in guter römisch-abendländischer Tradition zuerst nach dem " Wer wars " gefragt .Der schlimme Finger ist , alsbald gefunden . Kreuz oder Scheiterhaufen schnell errichtet. Einst physisch ,jetzt medial ,die Strafe vollzogen.
Eigentlich ist nur das " Weßhalb " wichtig. Weßhalb diese Entscheidung.
Klar war sie falsch und zum zeitpunkt erkennbar falsch. Ob da eine andere Entscheidungsprozedur geholfen hätte , ist mehr als fraglich.
Bei dem ,ich nehme an vorhergesagten Gegenwind ,Böen bis 6 , an den nächsten Tagen war zumindest eine Auflassverschiebung genauso gewagt .Die Tauben waren bis dato schon einige Tage in den "Kisten" Unsere Sportfreunde haben vor diesem Wind ,zu recht , Riesenbammel.
Also hätte es nur eine Möglichkeit gegeben .Retour . Nur wie .Wurde das schon mal mit solchen Massen "superwertvoller " Tauben praktiziert .In der RV ist zurückfahren und die Tauben verteilen ,keine Kunst.
Meinolf seine Darlegungen sind ,etwas langatmig ,aber nachzuvollziehen .
Nur seine Aussagen zur Verantwortung sehe ich skeptisch .Wer soll denn das übernehmen . ER könnte für immer ruiniert sein .
Wünsche GUt Flug und das Eure Tauben von sowas verschont bleiben
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  #10  
Alt 05.08.2022, 22:24
OOO OOO ist offline
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Hallo,
ihr habt natürlich recht. Meine Ausführungen waren deutlich zu langatmig, nicht auf den Punkt. 'tschuldigung dafür .


Mich hat dieser Auflass, als jemand, der selber schon einmal Auflassleiter war und dabei ebenfalls leider auch schon einmal Fehlentscheidungen getroffen hat, sehr bewegt. Denn gerade weil die Auflasssituation hier so eindeutig schlecht war, wird hier besonders deutlich, dass der "Faktor Mensch" eine ganz entscheidende Rolle bei einer Auflassentscheidung spielen kann.

Und ich bin daher anderer Meinung als Sascha. Ich glaube nicht, dass dieser "Faktor Mensch" eine Folge von Charakterschwächen wie z.B. Hybris ist, und man da halt nichts machen kann und so etwas "immer mal" geschehen wird.



Ich denke der "Faktor Mensch" ist generell im Spiel, wenn ein Mensch entscheidet, weil er damit zusammenhängt, wie Menschen Entscheidungen treffen (das ist wissenschaftlich ganz gut untersucht und raubt einem ziemlich schnell den Glauben an auf Ratio basierten Entscheidungen von Menschen unter Stress).


Daraus könnte man natürlich schlussfolgern: Weil der Mensch eben schonmal zu solchen Fehlern neigt, müssen wir leider akzeptieren, dass solche Dinge wie dieser Auflass schon mal passieren.

Aber auch da bin ich anderer Ansicht, und ich finde, wir sind es den Tauben schuldig, hier auch mal einen Schritt weiter zu gehen, als das, was wir schon immer gemacht haben:


In vielen Bereichen, in denen Menschen Entscheidungen mit bedeutsamen Auswirkungen zu treffen haben, werden bessere Entscheidungen (bzw. weniger häufig schlechte Entscheidungen) getroffen, wenn bestimmte Mindeststandards gesichert sind, wenn eine Entscheidung reflektiert wird, wenn man genötigt ist, diese zu dokumentieren und wenn es für kritische Situationen klare Entscheidungshilfen gibt. Dafür gibt es wirklich -zig Beispiele, ich hatte nur eines genannt. Es reduziert eben nachweislich diesen "Faktor Mensch", wenn man den Menschen hier etwas die "Freiheit" (in diesem Fall die Freiheit ihren Entscheidungsalgorithmus komplett frei zu gestalten) nimmt, sondern ihn etwas an die Hand nimmt.
Wir denken leider zu oft: Im Taubensport treffen die Erkenntnisse dieser Welt nicht zu. Doch, tun sie!



Grüße
Meinolf
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Geändert von OOO (06.08.2022 um 10:10 Uhr)
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