Osten, Westen, Meisterschaften, Jungtauben...

[Mime]

...unter diesem Titel erscheint in der neuesten Ausgabe des Magazins "Brieftaubensport International" ein Beitrag von Andreas Drapa. Und ich muss sagen: selten habe ich mich über einen Artikel in diesem Fachmagazin mehr geärgert, als über diesen.

Was Herr Drapa dort vom Stapel lässt ist zwar seine persönliche Meinung, aber da er sicherlich auch innerhalb unseres Verbandes ein gehöriges Wörtchen mitspricht, sollte das, was der mehrfache Deutsche Meister dort schreibt, nicht unwidersprochen bleiben.

Dabei beginnt Hr.Drapa den Artikel eigentlich noch ganz ordentlich. Er habe in diesem Jahr aus "verschiedenen Gründen nicht so intensiv am Reisegeschehen teilgenommen" ist da zu lesen und er habe deswegen die Möglichkeit gehabt "andere RVen zu beobachten". Dem Sportsfreund ist aufgefallen, dass viele RVen den 600 KM-Flug nicht durchführen konnten und dass man (Zitat) "in Deutschland für die nationalen Meisterschaften und Titel einfach zu viel verlangt." Daraus folgert Hr.Drapa, dass es besser wäre, so wie es im Ausland praktiziert wird, die Flüge in die Kategorien Kurz-, Mittel-, Weit- und große Weitstrecke zu unterteilen und "jedem Liebhaber die Flüge anzubieten, die er gerne spielen möchte." Vom Ansatz her sicher nicht verkehrt, aufgrund der großen Ausdünnung der Züchterschaft, insbesondere auf dem Land, vielleicht aber nur schwierig umzusetzen. Bis hierhin aber kein Grund zur Aufregung.

Dann jedoch kommt es: Hr.Drapa meint, dass wir unseren Tauben zu viel zumuten, dass eine Taube, die 9 mal Spitze fliegt und beim 10.Mal auf 500 oder 600 KM patzt, nicht bestraft werden dürfe und das "zehn Flüge ohne Streichergebnis zu hart" seien. Hier muss man feststellen. Drapa schreibt Blödsinn, Blödsinn und nochmals Blödsinn. Diejenige Taube ist die beste, die auf allen 10 geforderten Flügen ihren Preis macht, auch wenn die AS-Punkte vielleicht mal nicht so hoch sind. So sollte es jedenfalls sein. Wenn Deutschland bis zum Finale der EM jedes Spiel gewinnt und dann im Finale verliert, kann man auch nicht sagen: "Weil sie vorher aber so überragend waren sind sie trotzdem Europameister."

Aber es geht hier um etwas anderes: Hr.Drapa hat festgestellt, dass sein System und seine Tauben auf der östlichen Reiserichtung wohl doch nicht wie gewünscht funktionieren, weil, wie er selbst mehrfach feststellt, "diese Richtung halt einfach die eindeutig schwierigere ist" - daher übrigens auch der erneute Richtungswechsel zum SW der eigenen RV mit der Begründung, dass "man einfach zu lange braucht, um eine schlagkräftige Mannschaft aufzubauen" und viele Züchter "die über 70 sind (...) einfach keine Lust mehr haben, noch drei vier Jahre an einer schlagkräftigen Truppe für die Ostrichtung zu züchten."

Mag sein. Ich aber frage an dieser Stelle: was für degenerierte Tauben wurden denn da all die Jahre von Drapa und anderen auf der SW-Richtung gezüchtet, wenn sie nicht einmal mehr vom Osten nach Hause kommen? Auch hier hat der Meisterzüchter gleich eine Ausrede parat: man habe "die schwäbische Alb direkt vor der Nase und dann geht es Richtung München direkt ins Gebirge". Nun, was glaubt Hr.Drapa eigentlich wie die geographischen Gegebenheiten hier im Sauer- oder Siegerland für die Züchter der Ost- oder Südostrichtung aussehen? Berge vor der Haustür, riesige Wälder, oftmals aufsteigender Nebel....und trotzdem hat man Tauben, die hier regelmäßig, schnell und sicher nach Hause kommen und ihre Preise fliegen? Und wer hat nun die besseren Tauben? Drapa mit seinen Spitzenfliegern, welche die Ostrichtung nicht schaffen oder aber die langsameren Ost-/Südostzüchter, die einen Stamm haben, der es schafft all die widrigen Umstände zu bewältigen.

Hrn.Drapa geht es hier um etwas ganz anderes: ihm geht es darum wieder an der Meisterschaft zu feilen, von der er noch vor einem Jahr gesagt hatte, dass diese "wie für ihn geschaffen" sei. Nun ist es doch nicht so gekommen...vielleicht Pech, vielleicht züchterisches Nicht-Können, vielleicht schlechtes Taubenmaterial - das ist an dieser Stelle egal - und Hr.Drapa will wieder alles umschmeissen, weil er mal nicht an der Spitze steht. Zwar erwähnt er, dass er wieder ganz sensationelle Flüge hatte mit "17/17 und ersten Konkursen gegen 2.000 bis 3.000 Tauben" vergisst aber, dass der überwiegende Anteil der Flüge seiner 3 (!) angemeldeten Schläge in diesem Jahr zwar immer noch gut, aber nicht besser als bei Züchter X, Y oder Z waren. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer - Hr.Drapa dominierte die Konkurrenz nicht mehr. Jetzt ist die Richtung schuld, die Meisterschaftssysteme müssen überdacht werden usw.usw.

Und dann kommt der Gipfel seines Artikels. Hr.Drapa beruft sich auf den Tierschutz in Bezug auf den Druck bei 500 km oder 600 km auflassen zu müssen (Zitat): "Man muss ja auch den Tierschutzgedanken immer im Auge behalten. Der Taubensport steht ja unter extremer Beobachtung und wenn man dann Leute, die sich bereit erklären Flugleiterseminare zu absolvieren, dermaßen unter Druck setzt, dann wird man bald keine Flugleiter mehr haben."

Ausgerechnet Drapa also führt den Tierschutz ins Feld, wenn es um seine Interessen geht. Ein Züchter, der sich nicht scheut in vielen Artikeln und bei Podiumsdiskussionen und Vorträgen zu berichten, dass er mit seinen Tauben nahezu wöchentlich prophylaktische Kuren gegen alle möglichen Krankheitserreger durchführt, auch wenn die Tauben mal nichts haben. Jemand der diese Form des "Medikamentendopings" (Zitat Dr.Kamphausen von der Verbandsklinik) betreibt, spielt sich plötzlich als Tierschützer auf. Das empfinde ich nicht nur als beschämend, das empfinde ich als in tiefstem Maße verlogen. Ganz abgesehen davon, dass die allermeisten Flugleiter im Bundesgebiet eben nicht dem Druck des "auflassen Müssens" nachgegeben haben, sondern ihre Flüge ordnungsgemäß und dem Wetter entsprechend durchgeführt haben, mit Rücksicht auf die Tauben und ohne Rücksicht auf die Meisterschaften.

Es wird in den nächsten Monaten wieder zu Diskussionen kommen. Vielen (Spitzen-)züchtern ist v.a. auch der 600 KM-Flug ein Dorn im Auge, weil er andere Ansprüche stellt. Genauso will man wieder Streichergebnisse. Man will auf Nummer sicher gehen um den eigenen Status wieder zu zementieren. Ich persönlich werde das mit Interesse beobachten.

[Jörch]

Hallo,

ich finde es in jedem Falle hochinteressant, wie die Tauben von Drapa beim Olympiadeflug abschneiden.

Viele Grüße - Jörg

Schafft endlich die Deutsche Meisterschaft ab, die doch keine ist, dann wird auch diese Diskussion entgültig beendet sein.

Mit Sportsgruß

Hallo Mime !!
Alle Achtung ,das war """Spitze""".

Gruß Gerhard Most

[knispel]

Da kann ich dem Sportsfreund Most nur beipflichten! Bravo Sascha

Danke Sascha für diesen Super Beitrag !!!!!
Mehr ist dazu nicht zu sagen!

MfG Klaus !

[joerg]

Hallo Mime,

genialer Beitrag von Dir. Hier geht es doch einzig und alleine um´s Geld ! Seine massenhafte Spitzenpreise auf Südwesten sind nunmal die besten Verkaufsargumente. Und im Moment schaffen seine superschnellen Südwest Täubchen auf der anspruchsvollen Ostrichtung nicht diese Spitzenergebnise ! Und dann auch noch 600km- um Gottes willen, dies ist nichts für superschnelle Südwest-Tauben !
Und ohne massenhafte As-Punkte sinkt nunmal der Verkaufswert seiner Tauben.
Also schnell mal alles auf den Tierschutz, auf 600km, auf Ost Richtung, auf langjährigen Neuaufbau schieben.
Dann doch lieber wieder gen SüdWesten gehen, schöne kurze Flüge veranstalten, und dann klingelt für die Sprinttauben auch wieder ordentlich die Kasse ! Sollen wir alle Verdummbeutelt werden ?

[Luecke]

Es wurde alles gesagt.
Ich schliesse das Thema.
Es soll hier KEIN Züchter über ein verträgliches Maß hinaus an den Pranger gestellt werden.