Witwerschaft

[Holger]

Hallo Forumteilnehmer !

Ich hätte gern eure Meinung gewußt.
Ich Reise mit meinen Tauben die totale Witwerschaft, die Weibchen sitzen in der Woche im Sitzregal und fliegen in der Woche auch dort ein und aus, die Witwer sitzen in den Zellen. Ich möchte im kommenden Reisejahr auch die Witwer in der Woche in einen Schlag mit Sitzregal setzen und sie nur am Wochenende in die Zellen lassen.
Hat das von euch schon mal einer gemacht und mit welchem Ergebnis ?
Hätte gern einige Meinungen dazu.

Gruß Holger

hallo holger,
da ich als witwer im forum unterwegs bin, leider nicht mehr lange (begründung siehe diskussion mit herrn mohr u. h. berger) denke ich aber trotzdem, dass ich dir noch antworten darf, sofern herr mohr aus seiner medizinischen sicht das verantworten kann.
sicherlich ist das ganze ein revolutionärer gedanke. ich kenne keinen, der das so wie du es vorhast praktiziert hat. ich denke, hier kann man nur den tipp geben, unbedingt ausprobieren. inwieweit der "revierdrang" des witwers hierbei verloren geht und inwieweit dieser überhaupt die reiseleistung beeinflusst, alles dinge die du dann für dich selbst beantworten musst. vielleicht wird später die holger-methode daraus. ich glaube, wenn ein witwer sein revier (=zelle) die ganz woche nicht sieht, ist das nicht ganz so schlimm, wie bei den weibchen. der witwer soll ja auf sein weibchen fliegen. es gibt ja auch zig methoden, wie man über die woche die unterbringung der weibchen handelt. der eine lässt sie nie in ihre zelle, wo sie junge aufgezogen hat, der andere lässt sie ab und zu mal, der nächste bis zur mitte der saison gar nicht, dann regelmäßig und und und. im übrigen mache ich was du mit deinen witwern vorhast, nächstes jahr mit meinen weibchen. bislang (19 jahre) habe ich diese auf sitzbrettchen untergebracht -eine taube entwickelt glaube ich einen besseren verteidigungsdrang ihres revieres auf brettchen als in einem regal-. vor kurzem habe ich zuchtzellen umfunktioniert, sprich habe sie halbiert, mit türchen versehen und zwei enge zellen daraus gemacht, d.h. nur eine taube hat hier platz. ob ich sie nächste jahr dann tagsüber einsperre oder nicht, hängt davon ab,wie sie im winter/frühjahr die zellen verteidigen oder lesbische neigungen überwiegen. ob ich sie dann während der saison mal in die witwerzelle fliegen lasse, wo sie ihre jungen aufziehen oder oder ich weiss es noch nicht. zu deinem versuch vielleicht noch ein tipp. warum alles auf ein pferd setzen. du könntes doch deine mannschaft hinsichtlich dieses versuches teilen. ein teil reist wie immer aus der witwerzelle, der andere vom brettchen. aber vielleicht geht das von deiner räumlichen anordnung nicht. was mich mal interessieren würde, was hat dich eigentlich auf diese idee gebracht?
ich möchte mich auch hier vom forum verabschieden. werde es aber nach wie vor als infomedium nutzen, da ich der meinung bin, dass hier gute beiträge zustandekommen (auch manche vom h.mohr).
viel glück mit deiner neuen methode und viele preise für nächste reisejahr!

[Holger]

Hallo Witwer !

Danke für die Antwort, auf die Idee bin ich gekommen weil ich im Sommer nicht immer viel Zeit habe und meine Frau die Vögel dann auch alle in einen Schlag springen lassen kann.
Ich kann mir auch vorstellen die Vögel einige Tage in den Zellen und einige Tage im Sitzregal in der Woche zu halten, das werde ich versuchen.
Meine Reiseweibchen sitzen schon seit Jahren in der Woche im Sitzregal.

Gruß Holger

[Pfaelzer]

Hallo Witwer,
Du lässt Dich aber schnell aus dem Feld boxen. Der Dr Mohr meint bestimmt nur die Beiträge, in denen er direkt angesprochen wird. Gegen eine Diskusion kann er ja mit Sicheheit nichts haben.
Auch sind die Artikel von Dr. Mohr für uns normale Züchter sehr informativ und für mich aus diesem Forum gar nicht wegzudenken.
Ich jedenfalls hab daraus schon eine Menge gelernt. Nun aber zu den Tauben im Sitzregal: Das erste mal davon gehört habe ich mitte der 80 er Jahre und zwar bei Horst Elis in Solingen, der auch die Totale Witwerschaft betreibt. Würde dieses System auch anwenden, habe aber leider die Räumlichkeiten dazu nicht. Das zweite mal hab ich davon gelesen im neuesten Buch von Kluth aus Köln. Der beschreibt das in diesem Buch auch. Ich kann mir durchaus vorstellen, daß das was bringt für die Psyche der Vögel. Denn die Psyche der Witwer ist bei der totalen doch recht angeknackst ( meine Meinung ). Es ist doch sowieso die Frage warum fliegen die Weibchen bei der totalen besser als die Vögel?
Vielleicht liegt hier der Schlüssel dazu. Vielleicht haben die Witwer dann mehr Ruhe und fliegen aus dem Grund dann besser.
Gut Flug
Pfaelzer

Hallo Holger,

bei mir ist es so ähnlich wie bei dir, ich habe nämlich auch wenig Zeit für die Tauben. Meine Weibchen sitzen die Woche über im Regal und kommen nur beim Einsetzen und vom Flug in Ihre Zelle. Die Vögel sitzen in Ihrer Zelle. Da ich auch Totale Witwerschaft fliege und zwar alles bis zum letzten Flug war es auch so wie Sportfreund Pfälzer erzählte, daß die Weibchen wesentlich stärker flogen wie die Vögel. Nun habe ich beobachtet, daß ich mehr Zeit bei den Weibchen als bei den Vögeln verbringe und die Weibchen natürlich zutraulicher waren. Es war auch immer in den bisherigen Jahren so, daß 3-4 Weibchen zuerst vom Flug kamen und dann die Vögel. Die Reiseleistung der Vögel lag um die 45% auf das Reisejahr gesehen. Die Weibchen bei 55% und auch die besten Tauben waren Weibchen. Nun habe ich folgende Änderungen in diesem Jahr vorgenommen:
1. Mehr Zeit für die Vögel schon im Winter, die Tauben waren zutraulicher.
2. Die Zellenhälfte mit der Brutschale die Woche über geschlossen und nur zum Einsetzen und vom Flug geöffnet.(Hatte ich vorher immer offen)
3. Wahllos im Schlag Sitzbrettchen angebracht, sodaß die Vögel mehr Abwechslung hatten.
4. Die Tauben nicht umgepaart wie die Jahre vorher. (Da ich möglichst aus 2 gleichguten Partnern Junge ziehen will, habe ich da immer die besten zusammengepaart)
Fütterungsmethode wurde beibehalten nichts anderes ins Wasser als sonst, Schlag wurde nicht verändert.
Ergebnis in diesem Jahr: Unter den 10 Besten der RV hatte ich 5 Vögel, die Reiseleistung betrug fast 70% bei im Schnitt 20 gesetzten Vögel. (Weibchen 50%)
Die Spitze hatten fast immer die Vögel inne.
Selbst als bei 2 Vögeln die Weibchen ausblieben, haben Sie weitergeflogen. (Ich habe mich in der Zeit, bis sie sich eine neue Täubin gesucht hatten, auch mehr mit Ihnen beschäftigt, um Sie abzulenken). Wenn bei mir die Tauben vom Flug kommen bleiben Sie meist auch den ganzen Tag zusammen, die Zellen sind offen, da ist dann immer was los. Nach schweren Flügen bleiben Sie über Nacht zusammen, das waren in diesem Jahr 6 Flüge. Die Tauben bekommen dann erst 2 Stunden nach dem Flug Futter satt.
Ich glaube, daß die Punkte 1,3 und 4 entscheiden dazu beigetragen haben. Ich bin auch der Meinung wenn man sich intensiv um die Witwer kümmert, fliegen Sie auch auf den Züchter und brauchen kein Weibchen.
Was ich aber noch hinzufügen möchte. Ich habe im letzten und vorletzten Jahr auf je einem weiten Flug keine Weibchen gezeigt, da Donnerstag Einsatz war und ein schwerer Flugverlauf war. Ergebnis: dies waren meine schlechtesten Flüge. Die Tauben kamen nicht so früh wie sonst, zwar zügig aber nicht in der Spitze. Bei den nächsten Flügen mit Zeigen war alles wieder normal. Hier muß ich also doch wieder meine These vertreten, daß man nichts ändern sollte was gut ist. (Höchstens wenns noch besser wird, wie in diesem Jahr)
Ich hoffe, ich habe dir etwas mit meinen Ausführungen helfen können, ist immer etwas ausschweifend von mir.

Mit Züchtergruß
Roland Filz

Guten Tag Holger,

im Februar-März 1995 weilte ich mit einem portugiesischem Sportfreund für drei Wochen in Portugal. Wir besuchten in dieser Zeit viele Züchter.
In Portugal, bzw. in der Region um Lissabon, werden 21 Wettflüge für Alttauben durchgeführt. Damals 7 Kurzstrecke, 7 Mittelstrecke und 7 Weitstrecke über 700km.
Man beginnt im Februar mit der Reisesaison und die letzten Flüge finden Mitte Juli statt.
Dadurch konnte ich bereits Wettflüge vor Ort mitverfolgen. Portugal ist ein phantastisches Land für Taubenzüchter, soviel Begeisterung habe ich selten erlebt.

Durch die lange Zeit von 21 Wochen haben sehr viele Züchter die ersten Wochen der Reisesaison die Vögel noch mit den Weibchen zusammen.
Die Zellen werden mit Platten geschlossen und die Tauben sitzen auf Dreiecksitzen!!
Tagsüber werden die Tauben meistens in Volieren gehalten.
Ferner sah ich überwiegend Schläge die mit Rosten ausgelegt waren.
Die Paare sitzen zwar zusammen, doch legen die Weibchen bei dieser Haltung nach Aussage der Züchter nicht.
Im Verlauf der Saison werden dann die Geschlechter getrennt. Die Vögel sitzen dann immer noch auf Dreiecksitzen.

Am Einsatztag werden die Tauben einfach gefangen und eingekorbt. Es findet kein "Zeigen" statt bzw. bleiben die Zellen geschlossen.

Am Flugtag werden, bevor die Tauben nach Hause kommen, die vor den Zellen hängenden Platten mit Dreiecksitzen weggenommen und die Zellen sind dann für die Tauben offen.

Nach dem Wettflug werden die Tauben in die Voliere gesetzt (getrennt) und die Zellen wieder mit den Platten verschlossen.

Dann sitzen die Vögel wieder über die gesamte Woche auf Dreiecksitzen.

Das klappt wohl sehr gut und scheint wegen der langen Reisesaison von 21 Wettflügen von Vorteil.

Da ich durch meine wissenschaftlichen Untersuchungen (Blutabnahmen etc.) im Reisejahr 1995 gegenüber den Vorjahren eine größere Zahl an Tauben setzen wollte, wurde mit meinen 36 Paaren die totale Witwerschaft praktiziert. Jedoch ist unser Weibchenschlag höchstens für ca. 20 Weibchen geeignet.
Ich musste mir was einfallen lassen.

Ich habe in Offenbach drei Witwerabteile für jeweils 12 Paare. Zwei Abteile liegen direkt nebeneinander. Zwischen diesen Abteilen befindet sich, durch Gitterstäbe getrennt, ein Gang von 80 cm.
Angeregt durch das "portugiesische" System wurden kurzerhand Dreiecksitze mit entsprechenden Halterungen gekauft.
Die Gitterstäbe zum Gang hin wurden mit Plastikfolien versehen damit die Tauben nicht von dem einen Abteil ins andere schauen konnten.

Mit Beginn der Witwerschaft im April wurden die Zellen geschlossen. Die 24 überwiegend jährigen Vögel kamen auf das linke Schlagabteil und die Weibchen auf das Rechte. Dort flogen die Tauben auch jeweils unter der Woche ein und aus.

Am Einsatztag wurden die Vögel bzw. Weibchen aus dem "Sitzplatzschlag" direkt eingekorbt.
Am Flugtag waren die Zellen offen.
Nach dem Flug (ca. 1 Stunde oder auch manches mal erst abends) wurde dann getrennt und die Zellen geschlossen und die Sitzbretter vor die Zellen gehängt.

Die Jährigen Vögel waren in diesem Jahr sehr erfolgreich!
Mehrere Vögel mit 10, 9, 8 etc. Preisen.
Die älteren Witwer hatten etwas Probleme durch die Haltung auf Einzelsitzen. Für die älteren Vögel vielleicht eine Frage der Gewöhnung.

Die Weibchen flogen in diesem Jahr auch sehr gut. so hatte ich ein Weibchen mit 13 Preisen und weitere sehr gute Ergebnisse. In diesem Jahr hatte ich auch relativ wenig mit paarigen Weibchen zu tun. Durch die Schiebetüren im Gang konnten die Tauben durch einen ca. 5 cm offenen Spalt schauen. Eine Art "Peepshow" für die Weibchen. Ob es daran lag kann ich aber nicht entgültig sagen.

Insgesamt hat mir diese Haltung sehr gefallen. So konnte ich auf zwei Witwerschlägen á 24 Paare mit 48 Tauben totale Witwerschaft reisen. Ich brauchte keinen extra Weibchenschlag!!!!

Ferner halte ich dieses System bei der Totalen Witwerschaft für die Vögel für einen Vorteil. Gerade Vögel reagieren doch mit schwankenden Leistungen wenn das Weibchen später ankommt.
Ist die Zelle nur nach dem Wettflug offen, kann alleine die Nistzelle eine große Motivation erzeugen.

Mal sehen ob ich dieses, wie ich es nenne, "portugiesische System" wieder mal praktizieren werde, meine Erfahrungen waren sehr gut!

Gut Flug
Alfred Berger